Polen sorgt für Eklat bei EU-Ministertreffen
11. Oktober 2018Der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro protestierte nach Angaben von Diplomaten gegen einen Hinweis auf die Diskriminierung von Homosexuellen sowie Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) und trug eine geplante Erklärung der Minister nicht mit. "Das ist ein Vorgang ohne Beispiel", sagte ein Diplomat in Brüssel. Bisher sei der jährliche Bericht zu den Grundrechten immer durch einstimmig verabschiedete Schlussfolgerungen der Mitgliedstaaten angenommen worden. Einige Minister im Saal hätten von einer "Schande" gesprochen.
Knisternde Spannung im Raum
Die Spannung im Raum sei deutlich spürbar gewesen. Zur Debatte stand eine offizielle Erklärung, sogenannte Ratsschlussfolgerungen. Neben allgemeinen Bekenntnissen zur EU als Wertegemeinschaft mit Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit beinhalten sie eine Art Bilanz zum Stand der Grundrechte in der EU. Der Streit mit Polen entzündete sich nach Angaben von Teilnehmern an einer Passage mit dem Hinweis, dass sexuelle Minderheiten häufig Opfer von Diskriminierung, Gewalt und Hass seien. Man nehme die Maßnahmen der EU-Kommission zur Förderung der Gleichstellung von LGBTI-Personen mit Interesse zur Kenntnis. Diese Formulierung habe Polen nicht mittragen wollen, hieß es.
Erklärung des Ratsvorsitzes
Da Einstimmigkeit erforderlich war, kam der Beschluss nicht zustande. Der Grundrechte-Bericht wurde deshalb nur als Erklärung des EU-Vorsitzes verabschiedet, den derzeit Österreich innehat. Der österreichische Justizminister Josef Moser sagte nach dem Treffen, dies sei von "nahezu allen" anderen Mitgliedstaaten mitgetragen worden. Laut Diplomaten stellte sich auch Ungarn hinter den Text, das in den Verhandlungen eher auf der polnischen Seite gewesen sei.
Von polnischer Seite hieß es später, man sei mit einer Textstelle zu religiösen Gruppen nicht zufrieden gewesen. Ziobro habe in dem Text ausdrücklich Christen und Juden als Ziele von Diskriminierung nennen wollen und nicht nur allgemein religiöse Gruppen, hieß es in einer in Warschau veröffentlichten Erklärung. Ihre Rechte müssten genauso geschützt werden, wie die von "LGBTI-Personen, Kindern, Einwanderern oder Frauen".
Rechtsstaatsverfahren gegen Warschau
Polen steht wegen des Umbaus der Justiz in einem sogenannten Rechtsstaatsverfahren in der Kritik. Die nationalkonservative Regierung hatte sich zudem 2017 bei einem EU-Gipfel schon einmal in ähnlicher Weise isoliert: Damals versuchte das Land als einziges EU-Mitglied, die Bestätigung von Donald Tusk im Amt des Ratspräsidenten zu verhindern.
cgn/uh (afp, dpa)