Polens Gerichtsreform "verfassungswidrig"
9. März 2016Die neue, nationalkonservative Regierung Polens hatte schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie die Entscheidung der obersten Richter des Landes in dieser Frage nicht interessiere. Deren Urteil ist denn auch ein Schlag ins Gesicht und eine Abfuhr für ihren Kurs bei der Reglementierung des Justizsystems: Das Gesetz über die Arbeit des Verfassungstribunals verstößt nach Ansicht der betroffenen Richter gegen die Verfassung.
Das Gericht erklärte nach den Anhörungen in Warschau gleich mehrere Punkte des Gesetzes für rechtswidrig. Dabei geht es unter anderem um die vorgeschriebene Zwei-Drittel-Mehrheit für ein gültiges Urteil, die Vorschrift, dass das Gericht aus mindestens 13 Richtern bestehen muss und die neue Regelung, dass das Gericht Fälle in chronologischer Reihenfolge behandeln muss. Diese Reform "verhindert eine zuverlässige und reibungslose Arbeit des Gerichts", urteilte Andrzej Rzeplinski, der Vorsitzende des Verfassungsgerichts (Artikelbild).
Regierung gegen oberste Richter
Mehrere Oppositionsparteien und Rechtsexperten haben gegen das im vergangenen Dezember erlassene Gesetz geklagt. Ministerpräsidentin Beata Szydlo hatte bereits am Dienstag angekündigt, man werde das Urteil nicht anerkennen, da die Verhandlung des Gerichts gegen die Bestimmungen der Gesetzesreform verstoße. Aus dem rechtsnationalen Lager hieß es, das Verfassungstribunal blockiere lediglich den "Volkswillen". Es war wieder von der "letzten Bastion des Postkommunismus" die Rede.
Das umstrittene Gesetz beschäftigt am Freitag und Samstag auch die Venedig-Kommission, ein Gremium von Rechtsexperten des Europarats. Zudem hat die EU-Kommission ein Prüfverfahren zur Rechtsstaatlichkeit in Polen eröffnet.
SC/uh (dpa, ARD)