Politische Kräfte in Pakistan
11. Mai 2013Aus den Parlamentswahlen vom Februar 2008 war die bis dahin oppositionelle Pakistan People's Party (PPP) unter der Führung von Asif Ali Zardari als Sieger hervorgegangen. Fünf Jahre später hat mit ihr erstmals eine zivile pakistanische Regierung ihre Amtszeit regulär beendet. Nun standen am Samstag (11.05.2013) erneut Wahlen an. Was erwarteten die Wähler?
Um diese Frage zu beantworten, hat das pakistanische Institut für Nachhaltige Entwicklungspolitik (Sustainable Development Policy Institute, kurz SDPI) mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung zwischen Oktober und Dezember 2012 Pakistaner nach ihrer Sicht auf die Politik in ihrem Land befragt. Laut Abid Suleri, Direktor des Instituts, zeigen die Ergebnisse, wie groß die Skepsis gegenüber der politischen Führung in Pakistan ist. Vor allem die Politik - die regierende PPP an erster Stelle - und die Polizei gelten unter den Bürgern als korrupt, während das Militär, die Justiz und die Medien eher wenig bestechlich erscheinen.
Imran Khans Defizite
Mit Blick auf den Wahlkampf wird vor allem den großen Parteien vorgeworfen, sich eher auf die Berühmtheit ihrer Vorsitzenden zu stützen als auf ein klares Parteiprogramm. Besonders Imran Khan, ehemaliger Cricketstar, will von seinem Prominentenstatus profitieren. Er grenze sich zwar vehement von den beiden anderen Parteien ab, könne aber weder politische Erfahrung noch konkrete Pläne vorweisen, sagt Christian Wagner, Leiter der Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik, im Gespräch mit der Deutschen Welle.
"Imran Khan hat in seinem Wahlprogramm sicherlich den Fokus sehr stark auf die Landwirtschaft gelegt. Man wirft ihm aber vor, dass das Personal seiner Partei sehr stark aus den Anhängern der beiden großen Parteien besteht, die frustriert übergewechselt sind", so Wagner weiter Es sei ihm aber durch seine charismatische Art gelungen, viele jüngere Wähler für sich zu gewinnen.
Machtfaktor Militär
Jede Bewertung der politischen Kräfte muss die realen Machtverhältnisse im Land in den Blick nehmen: Die wichtigste Instanz ist und bleibt laut Experten das Militär, das auch einen großen Teil der Wirtschaft kontrolliert. Abid Suleri vom SDPI betont, dass die Politik in den vergangenen fünf Jahren ihren Spielraum in der Außenpolitik vergrößern konnte. Den Streitkräften sei es nun nicht mehr so leicht möglich, sich über den Willen der Regierung hinwegzusetzen. Dennoch bezweifeln Experten, dass sich Pakistans Militär aus der politischen Arena verabschiedet habe. Das Militär sowie der Geheimdienst agieren nach wie vor deutlich als Staat im Staate.
"Wir haben gesehen, dass das Militär, das in den vergangen Jahren die politische Agenda mitbestimmt hat, sich formal zurückgezogen hat. Das heißt natürlich nicht, dass es an Machtposition eingebüßt hat", betont Wagner. Das Militär habe deutlich gemacht, dass es den demokratischen Wahlprozess unterstützen werde. Es habe auch ein Interesse daran, dass es zu einer Stabilisierung der Demokratie im Lande kommt.
Zwang zur Koalition
Wie auch immer das Wahlergebnis im Einzelnen aussehen mag, "die nächste pakistanische Regierung wird auf jeden Fall eine schwache Regierung sein", so Britta Petersen, Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Pakistan. Der Wahlsieger werde unter dem Zwang stehen, sich Koalitionspartner zu suchen, und die werden vor allem ihre eigenen Interessen verfolgen.
Schwache Bilanz der PPP
Petersen zieht eine differenzierte Bilanz der vergangenen fünf Jahre PPP-Regierung. Sie habe zwar viele Initiativen auf den Gebieten Frauenrechte, Klimapolitik und Nahrungsmittelversorgung vorzuweisen. "Aber das Problem ist, dass all diese vielen Seiten Gesetzestext auf die Anwendung in der Praxis warten", sagt Petersen. Die PPP sei mit ihrem Vorhaben gescheitert, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung sicherzustellen. Die Lebensmittel- sowie Energieversorgung des Landes seien in einem katastrophalen Zustand.
Pakistan sehnt sich nach einem politischen Wandel, diesen wird es hochwahrscheinlich jedoch nicht geben. Sowohl Petersen als auch Suleri sind sich einig, dass sich Imran Khan bei den jetzigen Wahlen als allenfalls als ernstzunehmender Mitkonkurrent etablieren wird. "Vielleicht wird Imran Khan bei den Wahlen im Jahr 2018 eine Chance auf ein höheres Amt haben, aber definitiv nicht in diesen", resümiert Suleri.