Sicherheit auf Weihnachtsmärkten geht vor
24. November 2017Die einen haben den höchsten Weihnachtsbaum, die anderen ein besonderes Lichtkonzept, und wieder andere lassen den Weihnachtsmann über die Köpfe der Zuschauer fliegen. Rund 2500 verschiedene Weihnachtsmärkte gibt es in Deutschland. Im vergangenen Jahr haben sie mit ihren Attraktionen rund 85 Millionen Menschen angelockt. Gerade die größeren Märkte - und davon gibt es in Deutschland immerhin 1500 Stück - beschäftigt in diesem Jahr aber eine Frage ganz besonders: Das Sicherheitskonzept für die Besucher.
Vor einem Jahr, am 19. Dezember, hatte der aus Tunesien stammende Islamist Anis Amri gezielt einen Lastwagen auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheider Platz gesteuert. Zwölf Menschen starben, 70 weitere wurden verletzt. Die Polizei ist in der Vorweihnachtszeit besonders wachsam. An diesem Dienstag erst hatten Ermittler sechs Syrer festgenommen, die verdächtigt wurden, als Mitglieder der Terrrormiliz "Islamischer Staat" (IS) einen Anschlag auf ein Kaufhaus und wahrscheinlich auch auf den Weihnachtsmarkt in Essen geplant zu haben.
Inzwischen wurden die Syrer wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Verdacht der Anschlagsplanung habe sich nicht erhärtet, so die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. Daher gebe es keine hinreichenden Gründe, um Haftbefehle zu beantragen.
Der Nürnberger Christkindlesmarkt fühlt sich sicher
Die Aufbauarbeiten der meisten Weihnachtsmärkte gehen dem Ende zu. Viele Märkte eröffnen bereits an diesem Wochenende, andere traditionsgemäß am ersten Advent. So auch der wohl bekannteste deutsche Weihnachtsmarkt im Ausland, der Nürnberger Christkindlesmarkt. Lebkuchen, Glühwein und die bekannten Zwetschkenmännle aus Dörrobst locken die Besucher genauso wie die "Pop-up-Buden", in denen junge Designer jeweils für einige Tage ihr Kunsthandwerk verkaufen können. Die Nürnberger seien schon voller Erwartung, sagt Michael Fraas vom Wirtschaftsdezernat der Stadt und damit verantwortlich für den Christkindlesmarkt. Das Sicherheitskonzept stehe schon lange. "Wenn der Markt vorbei ist, dann fangen wir ja direkt an, den nächsten zu planen. Dann sprechen wir auch über die Sicherheit. Das Sicherheitsniveau war in Nürnberg ja immer schon sehr hoch."
Wie im letzten Jahr nach dem Berliner Anschlag - und wie auch bei anderen Weihnachtsmärkten - wird es Polizeifahrzeuge und mobile Sperren aus schweren Betonblöcken an den Eingängen des Christkindlesmarkts geben. Und natürliche werden mehr Polizisten in den Gassen der Weihnachtsbuden die Augen offen halten. Das Ambiente des Weihnachtsmarktes, die heimelige Atmosphäre, die die Leute an die Glühweinstände treibt, werde dadurch nicht beeinträchtigt. "Im Gespräch haben mir die Leute im letzten Jahr gesagt, dass sie sich sicher fühlen, wenn die Polizisten da sind", sagt Wirtschaftsdezernent Michael Fraas im DW-Interview. "Auch Polizisten haben mir erzählt, dass die Leute auf sie zugekommen sind und gesagt haben: 'Gut, dass ihr da seid'".
Weihnachtsmarkt darf keine Festung werden
Die Schausteller und Veranstalter der Weihnachtsmärkte haben Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen der Polizei. In einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur plädierte Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, allerdings dafür, dass die Märkte nicht ihren offenen Charakter verlieren dürften: "Auch in Zukunft müssen sie für Offenheit, Begegnung und Lebensfreude sowie unserer Art, in Gemeinschaft zu feiern und in Freiheit zu leben, stehen." Die Märkte dürften durch Zäune und Sperren nicht zur Festung werden.
"Die Leute sind ja daran gewöhnt", meint die Geschäftsführerin der Nürnberger Congress- und Tourimuszentrale Yvonne Coulin. "Wenn man zu anderen Großveranstaltungen geht, dann gibt es dort ja auch sichtbar erhöhte Sicherheitsmaßnahmen." Immerhin wird es in Nürnberg auch einige "weihnachtliche" Sperren geben. Etwa besonders große Weihnachtsbäume in großen schweren Blumentöpfen. Anderenorts versucht man die Betonbarrieren, die Zufahrtsstraßen versperren, weihnachtlich zu dekorieren.
Gäste aus den USA kommen trotz Reisewarnung
Die meisten ausländischen Gäste in Nürnberg kommen aus den USA. Wegen der vielen Anschläge in Europa im vergangenen Jahr, hat die USA eine Reisewarnung ausgegeben. Dabei wird auch der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt erwähnt. Yvonne Coulin kennt diese Aufrufe. Auch im letzten Jahr und jetzt im Sommer habe die USA eine solche Warnung herausgegeben. "Das ist nicht speziell wegen der Weihnachtsmärkte", sagt die Tourismuschefin im DW-Interview. "Trotz der Anschläge hatten wir allein im Dezember 2016 ein Plus von 7,8 Prozent, das sind ca. 300.000 Besucher." Auch jetzt sei die Buchungssituation gut. Gerade in den letzten Monaten, so bestätigt Michael Fraas, seien die Gästezahlen aus den USA gestiegen.
"Wie sich Terror auf den Tourismus auswirkt, dass war in diesem Jahr auch Thema auf der Internationalen Tourismusmesse in Berlin", erläutert Yvonne Coulin. "Die Leute sind natürlich unmittelbar betroffen, aber in der Langzeitwirkung zeigt sich keine zögerliche Haltung. Die Buchungen aus den USA nach Deutschland waren in diesem Jahr exorbitant gut."
Eine absolute Sicherheit gibt es nicht
Und die Nürnberger selbst, so meint Michael Fraas, die hätten eine "Jetzt-erst-recht- Haltung". Sie seien damals nach dem Anschlag in Berlin weiterhin gekommen und würden auch dieses Jahr wieder dabei sein. Der Wirtschaftsdezernent lässt sich auch durch die jüngsten Festnahmen nicht schrecken. "Mich greift das nicht an. Wir versuchen hier alles für die Sicherheit zu tun. Die absolute Sicherheit wird es nicht geben. Aber man sieht ja an den Festnahmen, dass die Polizei ihre Sache gut macht."
Fraas freut sich besonders auf den Heiligen Abend, denn der fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag und da haben alle Geschäfte zu. "In der Stadt ist es dann ruhig, der Weihnachtsmarkt ist aber bis 14 Uhr offen. Da kommen dann all die Nürnberger und dann herrscht eine ganz besondere weihnachtliche Stimmung."