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Polizei verlegt Hunderte Migranten auf Lesbos

17. September 2020

Die griechische Polizei hat begonnen, nach dem verheerenden Brand im Lager Moria Hunderte Flüchtlinge in ein neues Zeltlager auf der Insel Lesbos zu bringen. Aber viele Migranten haben Angst davor oder weigern sich.

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Griechenland Lesbos | Polizisten verlegen Flüchtlinge in neues Moria-Lager
Polizisten verlegen Flüchtlinge in das neue Camp auf Lesbos Bild: Petros Giannakouris/AP/dpa/picture alliance

Polizisten gingen am Morgen auf den Straßen von Zelt zu Zelt, um die dort campierenden Menschen zu wecken und sie in das nach dem Brand eilig errichtete Notcamp auf der griechischen Insel Lesbos zu bringen. "Die Operation startete mit vielen Polizisten in weißen Schutzanzügen, die Dinge sind ruhig und die Migranten strömen langsam in das neue Lager", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur Reuters. Die Aktion, an der auch 70 Beamtinnen beteiligt seien, diene dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, erklärte die Polizei. Die Regierung in Athen geht davon aus, dass die Überführung in das neue Lager innerhalb weniger Tage abgeschlossen werden kann.

"Bisher läuft alles friedlich ab", sagte der Mainzer Arzt Gerhard Trabert, der mit einer Hilfsorganisation vor Ort ist, der Deutschen Presse-Agentur. Trabert schätzt, dass sich noch mehrere Tausend Menschen in und um das zerstörte Lager herum aufhalten. "Wir müssen die Menschen in das neue Lager holen; wenn sie auf der Straße ausharren, ist das eine Bombe in Sachen Hygiene", betonte der Chef der griechischen Gesundheitsbehörde (EODY), Panagiotis Arkoumaneas, im griechischen Radiosender Skai. Im Einsatz seien insgesamt rund 170 Polizisten.

Griechenland Lesbos | Polizisten verlegen Flüchtlinge in neues Moria-Lager
Bisher müssen viele Flüchtlinge aus dem Moria-Lager im Freien campierenBild: Petros Giannakouris/AP/picture alliance

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete, ihren Mitarbeitern sei in der Nacht der Zugang zu den Migranten verwehrt worden. "Ein Polizeieinsatz ist im Gange, um die Flüchtlinge ins neue Lager zu bringen. Das sollte aber nicht medizinische Hilfe verhindern", kritisierte die Organisation auf Twitter.

Unhaltbare hygienische Zustände

In das neue Zeltlager Kara Tepe sind bisher rund 2000 Menschen eingezogen, nachdem beim Brand des heillos überfüllten Lagers Moria vergangene Woche rund 12.000 Migranten obdachlos geworden waren. Seither schlafen Tausende auf Lesbos am Straßenrand und auf Supermarktplätzen unter notdürftig errichteten Schutzdächern aus Zweigen oder in Campingzelten. Dabei müssen sie ohne angemessene sanitäre Einrichtungen auskommen.

Beamte sagten, dass viele Migranten zögern, in das neue provisorische Zeltlager umzuziehen. Sie hätten davor Angst, weil sie befürchteten, dort eingesperrt zu werden oder erneut monatelang festzusitzen. Sie fordern stattdessen, von der Insel aufs Festland gebracht zu werden.

Die griechischen Behörden und die Vereinten Nationen bauen seit Samstag ein neues Lager, in dem nach ihren Angaben die Asylverfahren für die Migranten wieder aufgenommen werden sollen. Die Bundesregierung hatte erklärt, dass Deutschland rund 1500 von Griechenland als schutzbedürftig anerkannte Flüchtlinge aufnehmen wolle.

Kreuzfahrtschiffe als Ausweg?

Für eine gewisse Entlastung auf der Insel Lesbos könnten nach Einschätzung der Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, Kreuzfahrtschiffe sorgen. Es lägen "konkrete Angebote von Reedereien zu Selbstkosten vor", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Europäische Kommission sollte hierauf zügig eingehen." Sowohl die Geflüchteten als auch die Inselbewohner seien "zum Spielball der gescheiterten europäischen Asylpolitik geworden".

Auch der Grünen-Europaabgeordnete Erik Markquart unterstützt diese Idee. "Viele Schiffe haben bereits Hygienekonzepte erarbeitet. Angesichts des eingebrochenen Markts für Kreuzfahrtreisen sind die Reedereien dankbar für alternative Einnahmequellen", so Markquart.

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Zuflucht für Moria-Migranten? Das Kreuzfahrtschiff "Artania" des Bonner Reiseveranstalters PhoenixBild: Getty Images/P. Kane

Reiseanbieter wollen helfen

Dem Bericht zufolge ist etwa der Bonner Kreuzfahrtanbieter "Phoenix Reisen" zur sofortigen Hilfe bereit. "Um Geld geht es uns nicht. Wir würden das Schiff auch verschenken", sagte Geschäftsführer Johannes Zurnieden. Er zeigte sich angesichts der Not Tausender Menschen auf Lesbos besorgt. "Wir haben Schiffe, die nutzlos hier in Deutschland liegen, während die Menschen auf Lesbos ohne Toiletten sind und nicht wissen, wo sie schlafen sollen. Ein Schiff ist gewiss besser als der Straßenrand."

Hilfsbereitschaft signalisiert auch der Reiseanbieter TUI. "Grundsätzlich sind wir offen für Gespräche und den Einsatz von Schiffen", sagte ein Unternehmenssprecher. Die Umsetzung von humanitären Schutz- und Unterbringungsmaßnahmen sei allerdings staatliche Aufgabe. In der vergangenen Woche hatte auch Athen eine Unterbringung der Geflüchteten auf Schiffen erwogen - zwei Marineschiffe und eine Fähre wurden auf Lesbos erwartet.

kle/wa (rtr, afp, dpa, epd)