Portugal steuert auf Neuwahlen zu
28. Oktober 2021Die bisher mit der Sozialistischen Partei PS von Regierungschef Antonio Costa locker verbündeten linken Parteien, der marxistische Linksblock BE und die kommunistische Partei PCP, votierten zusammen mit der konservativen oppositionellen Sozialdemokratischen Partei PSD gegen die Budgetpläne für 2022. Für den Ausgabenplan stimmten 108 Abgeordnete, 117 dagegen, fünf enthielten sich der Stimme.
Linksparteien wollen mehr Geld ausgeben - Costa will sparen
Kommunisten und Linke erklärten, Costa habe sich zu sehr auf eine Verringerung des Haushaltsdefizits konzentriert. Zudem hatten sie größere Ausgaben für die Bekämpfung der Armut und für das Gesundheitssystem sowie Verbesserungen beim Arbeitsrecht gefordert.
Die Regierungspartei PS will das Defizit auf 3,2 Prozent der Wirtschaftskraft senken - nach 4,3 Prozent 2021. Costa begründete das Vorhaben damit, dass Portugal seinen mit einem strikten Sparkurs hart erarbeiteten Ruf im Ausland nicht verspielen dürfe.
Neuwahlen wahrscheinlich im Januar oder Februar
Das Scheitern der Haushaltspläne zieht zwar nicht zwingend Neuwahlen nach sich. Doch der vom Volk direkt gewählte konservative Präsident Marcelo Rebelo de Sousa hatte im Vorfeld der Haushaltsabstimmung erklärt, er habe bei einer Ablehnung keine andere Option, als die Wahlen zwei Jahre vorzuziehen und als ersten Schritt das Parlament aufzulösen. Die nächste reguläre Wahl wäre 2023.
Für die damit zunächst anstehenden Beratungen gibt es keine Frist, ebenso wenig wie für die Unterzeichnung eines Dekrets zur Parlamentsauflösung. Wenn das Dekret unterzeichnet und veröffentlicht ist, muss binnen 60 Tagen gewählt werden. Der Präsident hatte bereits signalisiert, dass der Termin Ende Januar oder Anfang Februar sein könnte.
Bis dann ein Haushalt für 2022 aufgestellt ist, dürfte es April werden. Das würde bedeuten, dass Portugal monatelang in der politischen Schwebe hängt, während die Regierung die durch die Corona-Pandemie gebeutelte Wirtschaft mit 45 Milliarden Euro Hilfsgeldern aus der EU ankurbeln wollte.
Der seit 2015 regierende Costa hat im Parlament keine eigene Mehrheit, sondern ist auf Stimmen oder Enthaltungen von Abgeordneten anderer Parteien angewiesen, die nicht an der Regierung beteiligt sind. Bislang konnte er dabei auf die Unterstützung linker Parteien bauen, so auch beim letzten Haushalt 2021, den er dank Enthaltungen von Kommunisten und Grünen durchs Parlament brachte.
Die Niederlage beim Haushaltsplan für das kommende Jahr hatte sich abgezeichnet. Costa hatte allerdings schon vor der Abstimmung einen Rücktritt ausgeschlossen. "Das Letzte, was das Land braucht, ist eine politische Krise unter diesen Umständen", sagte der Regierungschef.
Seine Partei betonte, sie sei bis an die Grenze des finanziell Machbaren gegangen. Sie wolle keine Neuwahlen, fürchte diese aber auch nicht. Beobachter gehen nicht davon aus, dass Neuwahlen zu stabileren Mehrheiten führen würden.
qu/wa (afp, rtr, dpa)