Portugal vor Zerreißprobe
8. April 2013In einer Rede an die Nation sagte Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Sonntagabend, die Entscheidung der Verfassungsrichter werde "ernsthafte Konsequenzen für das Land" haben. Er habe seine Minister angewiesen, "die öffentlichen Ausgaben in den Bereichen soziale Sicherheit, Gesundheit und Bildung einzudämmen". Seine Regierung werde alles tun, um zu verhindern, dass Portugal bei der EU ein zweites Hilfsgesuch stellen müsse, betonte der konservative Premier. Steuererhöhungen seien zur Haushaltssanierung jedoch nicht geplant. Diese würden die Chancen schmälern, dass sich die Wirtschaft erhole.
1,3-Milliarden-Lücke
Passos Coelhos Haushaltsplan für 2013 sah Einsparungen von insgesamt 5,3 Milliarden Euro vor, was viele Portugiesen zum Protest auf die Straße trieb. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Rezession hatten Anfang März Hunderttausende Menschen gegen die verordnete Sparpolitik demonstriert.
Am Freitagabend entschied das Verfassungsgericht in Lissabon schließlich, dass vier von neun Sparbeschlüssen im Etat verfassungswidrig seien. So können die geplante Abschaffung der 14. Monatszahlung für Beamte und Rentner sowie Abgaben auf Arbeitslosenhilfe und Krankengeld nun nicht umgesetzt werden. Laut Medienberichten fehlen dem Staat dadurch schätzungsweise bis zu 1,3 Milliarden Euro.
EU ermahnt Lissabon
Die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten Portugal Hilfskredite von insgesamt 78 Milliarden Euro zugesagt, damit es nicht in die Pleite rutscht. Im Gegenzug verpflichtete sich das Land zu einem strikten Sparkurs und Privatisierungsmaßnahmen.
Die EU-Kommission forderte Portugal nachdrücklich zur Einhaltung der mit den internationalen Kreditgebern vereinbarten Maßnahmen auf. "Jedes Abweichen von den Sparzielen oder ihre Neuverhandlung würden die bisherigen Anstrengungen des portugiesischen Volkes neutralisieren", erklärte die Kommission in einer ersten Reaktion auf Passos Coelhos Rede. Dieser hatte zuvor versichert: "Die Regierung bekennt sich zu allen Zielen des Hilfsprogramms. Der portugiesische Staat wird seinen Verpflichtungen im In- und Ausland nachkommen."
Davon scheint auch Deutschland fest auszugehen: Bisher habe Portugal die Herausforderungen "entschlossen und beherzt" angegangen, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. "Die Bundesregierung vertraut darauf, dass dies auch jetzt und in Zukunft der Fall sein wird."
wa/det (afp, dpa, rtr)