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Politik

"Präsidentin Park nicht entkommen lassen"

Hans Spross
29. November 2016

Mit ihrem verklausulierten Rücktrittsangebot will sich Südkoreas Präsidentin Park weiter Hintertürchen offenhalten, meint Korea-Experte Hannes Mosler im DW-Gespräch.

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Südkorea TV-Rede von Präsidentin Park Geun-Hye (Foto: picture-alliance/dpa/Jeon Heon-Kyun)
Bild: picture-alliance/dpa/Jeon Heon-Kyun

Deutsche Welle: Präsidentin Park Geun Hye hat erklärt, sie sei "bereit, zurückzutreten, falls die Regierungs- und Oppositionsparteien einen Plan entwickelten, der einen Übergang zur nächsten Regierung ohne Machtvakuum und politisches Chaos ermögliche." Wie bewerten Sie diese jüngste Wendung in der südkoreanischen Staats- und Regierungskrise?

Es sieht sehr stark danach aus, dass sie versucht, einem Amtsenthebungsverfahren (impeachment) und einem Verfahren durch die Staatanwaltschaft zuvorzukommen. Sie will also einer gründlichen Aufklärung des ganzen Skandals entgehen, soweit das möglich ist. Anders kann man es zum jetzigen Zeitpunkt nicht verstehen. Vor allem, wenn man sich anschaut, wie sie bisher agiert hat. Bezeichnend ist auch ihre Wortwahl, indem sie von einer "Verkürzung ihrer Amtszeit" spricht.

Warum fasst die Präsidentin jetzt doch einen Rücktritt ins Auge?

Als sie gesehen hat, dass die Opposition sich jetzt doch zusammengerauft hat, das Impeachment auf den Weg zu bringen, und sich auch Teile der Regierungspartei dem angeschlossen haben - die Rede war zuletzt von 40 Abgeordneten aus deren Reihen -, als das also realistisch wurde, da hat sie wohl kalte Füße bekommen und sich jetzt diesen Weg überlegt. Auch die rechtskonservative Presse, die ja sonst immer felsenfest auf Seiten der Regierung steht, fordert im Prinzip ihren Rücktritt.

Da auch die Regierungspartei mit dem Rücken zur Wand steht, halten nur diejenigen, die von der ersten Stunde an voll auf dem Pro-Park-Kurs eingeschworen waren, noch zu ihr. Der Rest will sich dem Willen der Bevölkerung nicht länger widersetzen.

Südkorea Massenproteste gegen die Regierung (Foto: Getty Images/AFP/J. Yeon-Je)
"Jetzt reicht's, wir sind im 21. Jahrhundert", so fasst Korea-Experte Mosler die Stimmung im Volk zusammen Bild: Getty Images/AFP/J. Yeon-Je

Wie genau sieht der Ausweg aus, den sie sich überlegt hat?

Es gab schon vor einigen Wochen den Plan, dass das Parlament einen neuen Premierminister einsetzt, der neutral ist, und dann würde Park in die zweite Reihe zurücktreten und ihre Befugnisse dem neuen Premier übergeben, der auch ein neues Kabinett einsetzen würde. Damit wäre Park de facto nicht mehr an der Macht, aber auch nicht förmlich des Amtes enthoben worden sein. Ich denke, dass sie auch jetzt darauf spekuliert. Sie selber hatte ja bereits vor kurzem einen angeblich neutralen neuen Premier ins Spiel gebracht, der aber zu ihrem Lager gehörte, weswegen der Vorschlag von der Opposition auch sofort abgelehnt wurde. Wahrscheinlich spekuliert sie darauf, dass bei dieser Variante, wenn aus den Reihen des Parlaments ein Premier vorgeschlagen wird, ihre Partei wenigstens noch mitbestimmen kann, wer der neue Premier wird.

Welche Bedeutung hat die Krise für die Demokratie in Südkorea?

Jetzt ist Korea an einer ganz wichtigen Stelle. Der Grund, dass so viele Leute auf die Straße gegangen sind, liegt ja nicht nur an den krassen Auswüchsen dieses Skandals, sondern dass die Leute denken: Jetzt reicht‘s. Wir sind im 21. Jahrhundert. Dass das kurz nach der Demokratisierung 1987 noch nicht so richtig geklappt hat mit dem Präsidenten und der Demokratie, ist ja verständlich, aber jetzt reicht es mal.

Es ist auch sehr bezeichnend, dass die drei konservativen Zeitung ganz klare Ansage machen  (Chosun Ilbo, Jungang Ilbo, Dong-a Ilbo) Die sind ja berüchtigt dafür, dass sie sonst immer diese konservativen Regierungen verteidigt haben. Deshalb gab es auch bisher noch keinen Präsidenten, der nur vier Prozent Unterstützung hatte, die Medien hatten da eine wichtige Funktion.

Deswegen wäre es jetzt sehr wichtig, diese Chance zu nutzen. Man hat das in der Geschichte Südkoreas schon häufiger gesehen: Die Regime waren an einem kritischen Punkt, und dann wurde an entscheidender Stelle doch noch etwas verhandelt, so dass die ehemaligen Regimekräfte nicht wirklich entlassen wurden, sondern in den Winterschlaf gingen, es wurde immer die Chance verpasst, die Vergangenheit wirklich einmal aufzuarbeiten. Diese Chance gibt es jetzt. Aber um sie nutzen, dürfte man die Präsidentin jetzt nicht entkommen lassen. Die von Park Geun Hye jetzt versuchte Möglichkeit, sich auf die leise Art zu verabschieden, birgt natürlich die Gefahr, dass es ihr und ihren Parteigenossen doch noch durch Hintertüren gelingt, einer Aufarbeitung und Offenlegung des Skandals zu entgehen.

Jun.-Prof. Dr. Hannes Mosler leitet das Institut für Koreastudien an der FU Berlin