Teurer Weizen
17. Januar 2007Bei der Kampffmeyer Mühle am Kölner Rheinufer strömt das Rohgetreide durch ein metallenes Rohrsystem zu den Getreidewalzen. Der angelieferte Weizen wird gesiebt und gewaschen. Dann zerbrechen ohrenbetäubend laute Walzen in mehreren Durchgängen die Getreidekörner. Das fertige Mehl verlässt die Mühle per LKW, in mehr als 70 Fahrzeugen täglich.
Börsengeschäfte zum Ausgleich
Und genauso viele Lastwagen Getreide müssen täglich vermahlen werden, um die Produktion am Laufen zu halten. Weil der eingekaufte Weizen heute knapp 50 Prozent teurer ist als noch vor einem Jahr, braucht Rolf Bommes, Geschäftsführer der Kampffmeyer-Mühle in Köln, eine neue Strategie. Früher habe man feste Preisvorstellungen gehabt. "Bei den heutigen Schwankungen muss man das anders gestalten. Man muss sich absichern. Man muss die Börse anders nutzen", sagt Bommes.
Dazu gehört für Bommes, verstärkt an Getreidebörsen Futures-Verträge abzuschließen, also eine gewisse Preisgarantie für Rohweizen zu haben. Die sind natürlich teuer, und haben noch einen weiteren Nachteil. Denn auch damit könne man sein Geschäft nur für eine bestimmte Zeit absichern, sagt Harald von Witzke, Professor für internationalen Agrarhandel an der Humboldt-Universität Berlin.
Instabile Preise
Am mittelfristigen Trend steigender Weizenpreise ändere das aber nichts. Witzke rechnet vor: Kostete die Tonne Weizen vor einem Jahr rund 100 Euro, so sind es heute schon knapp 50 Euro mehr. Im nächsten Jahrzehnt, sagt Witzke, werden 160 Euro pro Tonne Weizen normal sein. "Ich vermute, dass es rapide Preisausschläge nach oben und nach unten um den mittelfristigen Trend geben wird", sagt Witzke. Das sei auch in der Vergangenheit so gewesen. 1996 sei der Preis für Weizen plötzlich enorm hoch gewesen, schon ein halbes Jahr später sei er dann auf Normal-Niveau gewesen und noch ein Jahr später auf einem Rekord-Niedrig-Niveau.
Gründe für die starken Preis-Schwankungen von Weizen gebe es einige, sagt Witzke. So bräuchten die Chinesen und Inder immer mehr Weizen. Und dieser Weizen müsse auf einer kaum noch zu vergrößernden Fläche Boden angebaut werden. Beides seien enorme Preistreiber, erklärt Witzke. "Aber es kommt noch etwas anders hinzu, nämlich dass die Energiepreise stark gestiegen sind." Jetzt konkurriere die Nahrungsmittelproduktion mit der Bioenergie-Produktion um den knappen Boden.
Keine Konsequenzen für Konsumenten
Martin von Lampe, Agrarökonom bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEC) in Paris, hält es dennoch für sehr unwahrscheinlich, dass der verstärkte Einsatz von Weizen als Bio-Treibstoff und die dadurch steigenden Weizenpreise auch Nahrungsmittel wie Brot und Nudeln verteuern könnten. Der Verbraucher als Endkonsument werde von diesen Preissteigerungen sehr wenig spüren, sagt von Lampe. "Man muss ja sehen, dass beispielsweise in einem Brot der Wertanteil des Weizens nur wenige Prozent ausmacht. Viele Bäcker werden diese Preise gar nicht direkt auf die Kunden umlegen."