Pressestimmen zum Terror
8. Juli 2005Die britische konservative Zeitung "The Times" hält neue Maßnahmen im Kampf gegen Terrorismus für notwendig, warnt aber gleichzeitig auch vor Übertreibung: "Es ist wichtig, dass die Zivilrechte nicht in einem Sturmlauf drakonischer Gesetzgebung niedergetrampelt werden", urteilt das Blatt, "es muss aber auch eingeräumt werden, dass neue rechtliche Befugnisse notwendig werden können, um den Terrorismus zu bekämpfen und dass sie nicht nur jene treffen, die terroristischer Sympathien verdächtigt werden, sondern die Öffentlichkeit im allgemeinen." Laut Times sollten Minister nicht mit ungebührlicher Hast nach dem Gesetzbuch greifen, aber die Bürger müssten auch begreifen, dass die Sicherheitslage heute alles andere als normal sei.
Dem gegenüber plädiert das linksliberale britische Blatt "The Guardian" dafür, die britischen Werte zu verteidigen und die Motive der Täter zu ergründen. "Mit Recht hat Premierminister Tony Blair betont, dass unsere Entschlossenheit zur Verteidigung unserer Werte und unseres Lebensstils felsenfest sein muss. Dies bedeutet Unnachgiebigkeit im Angesicht der direkten Bedrohung durch den terroristischen Feind. Es bedeutet polizeiliche Ermittlungen und langfristige Aufklärungsarbeit", schreibt "The Guardian". Es beinhalte aber auch, dass man versucht, zu verstehen, was Menschen zu solch grässlichen und abgrundtief üblen Aktionen treibe und dass man nicht nur die Sicherheit verstärken solle, um Wiederholungen zu vermeiden.
Teuflisches Timing der Anschläge
Die konservative Tageszeitung "Le Figaro" in Frankreich drückt angesichts des gleichzeitig stattfindenden G8-Gipfels in Schottland die Hoffnung aus, dass die "versammelten Großen dieser Welt jetzt den Weg zu dem, was vorrangig ist" finden. Zunächst einmal sei es wichtig, die oftmals fruchtlosen Querelen einzustellen und den Solidaritätsbekundungen einen greifbaren Inhalt zu geben. "Mit ihren Bemühungen, die Armut in Afrika zu verringern und das Überleben des Planeten zu sichern, sind sie auf einem guten Weg. Auch der Kampf gegen den Terrorismus und seine tief liegenden Wurzeln erfordert es, jenseits aller Divergenzen zu einem wirklichen Dialog unter Partnern zu kommen", schreibt "Le Figaro", denn sonst werden wir angesichts der blinden Gewalt gegen unsere Hauptstädte lange nur Wut und Ohnmacht empfinden können."
Die schweizerische "Neue Zürcher Zeitung" spricht von einem "ebenso diabolischen wie raffinierten Timing" der Anschläge: "Dennoch sind verantwortungsbewusste Regierungen verpflichtet, alle im Rahmen eines Rechtsstaates möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um das Terrorrisiko zu reduzieren." Zu diesem Kampf gehörten auch politische, wirtschaftliche und soziale Konzepte, die darauf abzielten, den Nährboden für terroristische Rattenfänger und Verführer wirkungsvoll auszutrocknen.
Kampf dem Terror
In Italien erinnerte die Reaktion von Tony Blair auf die Attentate an Winston Churchill – jedenfalls laut der römischen Zeitung "Il Messaggero": "Mit feuchten Augen, die Stimme voller Schmerz und Wut: Die Rede, die gestern live und nur wenige Stunden nach den Anschlägen von London aus Schottland im Fernsehen übertragen wurde, war vielleicht die schwerste und am wenigsten verführerische in der langen politischen Karriere des britischen Premierministers", findet das italienische Blatt. Winston Churchill habe im Mai 1940 ähnliche Worte gewählt, als er erläuterte, was im Kampf gegen den Nationalsozialismus auf dem Spiel stünde und welche Opfer erbracht werden müssten, um die Hoffnung auf einen Sieg am Leben zu erhalten.
Ähnlich kämpferisch gibt sich Russland: Die Tageszeitung "Nesawissimaja Gaseta" fordert ein stärkeres Vorgehen gegen den weltweiten Terrorismus. Die Explosionen in London seien zu einem zweiten 11. September für die Welt geworden. "Man muss nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten den globalen Kampf gegen den Terrorismus untereinander abstimmen", meint die Zeitung.
Freiheitsentzug durch Terrorrisiko?
Die linksliberale ungarische Tageszeitung "Nepszabadsag" fürchtet um die Freiheit der Bürger und fragt: "Nach Madrid haben sie (die Terroristen) uns erneut ins Bewusstsein
gerufen, dass der Kampf gegen den globalen Terrorismus noch weit entfernt ist vom Sieg. ... Wenn er aber jetzt tatsächlich 'wirksamer' werden sollte, müssen wir dann nicht noch mehr als bisher um unsere Freiheitsrechte fürchten? Werden wir wirklich gezwungen sein, immer mehr Geld, menschliche Kraft, vielleicht aber auch Rechte und Bewegungsfreiheit auf dem Altar der Sicherheit (das heißt: der Angst) zu opfern?"
Zur Angst vor Terror im eigenen Land schreibt die "Berliner Zeitung": "Die einzige Chance, die wir haben, ist uns von dem Schrecken, der uns ergreift, nicht bestimmen zu lassen. Innenminister Otto Schily erklärt: In Deutschland gebe es keine verstärkte Gefahrenlage. Das ist die Wahrheit", erklärt die Zeitung, fügt aber hinzu "der Anschlag in London ändert nichts daran, dass die Bundesrepublik schon lange auch eines der möglichen Ziele des Terrors ist." Dass die Rgierung Schröder-Fischer eine Teilnahme am Irak-Krieg erspart habe, mindert das Risiko laut "Berliner Zeitung nicht": "Der Terror fragt nicht nach Schuldigen. Es geht ihm nicht um Strafe. Es geht ihm um Angst und Schrecken."