Pride-Parade wegen Gewalt in Tiflis abgesagt
5. Juli 2021"Der Marsch wird heute nicht stattfinden", erklärten die Organisatoren auf Facebook. "Wir können keine Menschenleben riskieren", hieß es zur Begründung. Die Straßen seien "voller gewaltbereiter Angreifer".
Mehrere hundert Gegner der Demonstration für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft hatten sich vor dem Parlamentsgebäude in der georgischen Hauptstadt versammelt.
Einige von ihnen lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei und griffen auch Journalisten an. Die Organisatoren erklärten zudem, dass ihre Büros von "Homophoben" angegriffen und geplündert worden seien.
Das Innenministerium forderte die Aktivisten deshalb auf, ihren Marsch aus Sicherheitsgründen abzusagen. In einer Erklärung hieß es, dass sich verschiedene Gruppen versammelt und protestiert hätten und dass Journalisten angegriffen worden seien.
"Wir rufen die Teilnehmer des 'Tbilisi Pride' noch einmal öffentlich dazu auf, von ihrem geplanten 'Marsch für Menschenwürde und Toleranz' Abstand zu nehmen ... aufgrund des Ausmaßes der von gegnerischen Gruppen geplanten Gegenkundgebungen", hieß es.
Mit einer pro-westlichen Politik strebt Georgien zwar in die EU, allerdings gibt es in dem Land mit einer einflussreichen orthodoxen Kirche starke konservative Kräfte, die sich schwertun mit liberalen Ideen. Gegen die Pride Parade hatte sich im Vorfeld auch Regierungschef Irakli Garibaschwili ausgesprochen. Er verwies auf die Gefahr von Auseinandersetzungen, weil derartige Demonstrationen "für einen Großteil der georgischen Gesellschaft inakzeptabel" seien.
Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili sowie die Botschafter unter anderem aus Deutschland, der EU und der USA verurteilten die Angriffe auf Aktivisten und Journalisten. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten sie "das Versäumnis von Regierungs- und Religionsvertretern, diese Gewalt zu verurteilen". Bereits in der vergangenen Woche hatten die Vertretungen westlicher Länder die Regierung in Tiflis aufgefordert, "das Recht auf friedliche Versammlung aller Menschen in Georgien ohne Ausnahme sicherzustellen".
In den vergangenen Jahren haben sich liberalere gesellschaftliche Positionen in Georgien immer stärker durchgesetzt. Im Jahr 2000 war in dem Kaukasus-Staat das Verbot von Homosexualität abgeschafft worden, in den Jahren 2006 und 2014 wurden Anti-Diskriminierungsgesetze verabschiedet. Am Rande von LGTB+-Veranstaltungen gab es aber immer wieder heftige homophobe Proteste.
uh/sti (afp, rtr)