Pro-europäische Regierung gestürzt
5. März 201354 der 101 Abgeordneten im moldauischen Parlament stimmten für den Misstrauensantrag der kommunistischen Opposition. Diese hat ihn mit der Begründung eingebracht, die Bürger der ehemaligen Sowjetrepublik zwischen Rumänien und der Ukraine seien wegen der schlechten Wirtschaftslage und der Korruption unzufrieden.
Zusammen mit der Ukraine, Armenien, Georgien und Aserbaidschan gehört die Republik Moldau zur sogenannten "Östlichen Partnerschaft" der EU. Moldau hofft, beim nächsten Treffen in Vilnius im November ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen. Die jetzt gestürzte prowestliche Regierung von Vlad Filat hatte die Annäherung an Europa vorangetrieben - daher bedeutet ihr Ende einen Rückschlag für den europäischen Kurs des Landes. Einige Politik-Analysten aus der Republik Moldau interpretieren den Sturz der Regierung kurz vor der geplanten Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU als Zeichen für einen starken Einfluss des Kremls auf Teile der moldauischen Politik: Dieser Theorie zufolge würde die russische Regierung hinter dem Vorgehen der Kommunisten in der Republik Moldau stecken.
Andere Experten gehen davon aus, dass es sich lediglich um einen Konflikt zwischen Premier Vlad Filat, dem Vorsitzenden der liberal-demokratischen Partei PLDM, und dem Oligarchen Vlad Plahotniuc handelt, der die Demokratische Partei (PD) finanziert. Die beiden Parteien waren bis Februar noch Koalitionspartner, doch Vlad Filats Liberaldemokraten hatten nach einem Richtungsstreit die Koalition gekündigt.
Neuwahlen werden erwartet
Vlad Plahotniuc war vor kurzem aus seiner Funktion als stellvertretender Parlamentspräsident entlassen worden - durch die Stimmen der Kommunisten und der Liberal-Demokraten von Vlad Filat. Diese Ressentiments könnten eine Erklärung dafür sein, wieso jetzt auch Parteifreunde von Vlad Plahotniuc für das Misstrauensvotum gegen die Regierung des Liberal-Demokraten Filat gestimmt haben.
Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Marian Lupu, erklärte nach dem Sturz der Regierung, dass er auch im Fall der Bildung einer neuen Koalition mit der liberal-demokratischen Partei gegen eine neue Kandidatur von Vlad Filat für den Posten des Regierungschefs wäre. Stattdessen würde er einen anderen Vertreter von Filats Partei, den aktuellen Außenminister Iurie Leancă, jedoch als potenziellen Premier akzeptieren. Beobachter gehen davon aus, dass Filat mit einer solche Lösung nicht einverstanden sein würde.
Die aktuellen Entwicklungen "führen zu einem einzigen Szenario: dem der Neuwahlen", sagt Politik-Experte Oazu Nantoi vom Institut für Politik in der moldauischen Hauptstadt Chişinău. "Die Wähler interpretieren die Dinge nach einfachen Mustern. Die Liberaldemokraten von Filat werden versuchen, die Demokratische Partei zu belasten, indem sie sie für die Neuwahlen verantwortlich machen." Das könnten die Wähler abstrafen. Die Liberaldemokraten von Filat müssten dagegen nicht befürchten, Stimmen einzubüßen. Die Kommunisten würden bei Neuwahlen ebenfalls sehr viele Stimmen bekommen - aber nicht genug, um die Macht zu übernehmen, sagt Nantoi.
Bürger protestieren gegen Sturz der Regierung
Nach dem Sturz der Regierung protestierten mindestens 400 Menschen vor dem Parlament in Chişinău gegen das von den Kommunisten initiierte Misstrauensvotum. Sie riefen: "Wir wollen eine europäische Moldau" und "Die Regierung Filat ist unsere einzige europäische Chance". Diesen Demonstranten sagte Vlad Filat, er werde das weiterführen, was er begonnen hat. "Der wahre Grund des heutigen Misstrauensvotums ist, dass ich die Dinge beim Namen genannt haben", sagte er. Er hatte Vlad Plahotniuc, den Geldgeber der Demokratischen Partei, öffentlich beschuldigt, auf illegale Weise auf wirtschaftliche und staatliche Institutionen Einfluss genommen zu haben. Der Grund für das Misstrauensvotum sei die Entlassung von Plahotniuc aus dem Präsidium des Parlaments gewesen, so Vlad Filat.
Das sieht Marian Lupu, Vorsitzender der Demokratischen Partei anders: "Unsere Partei hat gegen die Regierung Filat gestimmt, weil diese mit vielen Problemen nicht mehr fertig geworden ist."
Gravierende Probleme hätte das verarmte Land auch ohne diese politischen Krisen: Das Durchschnitteinkommen liegt bei weniger als 200 Euro im Monat, 600.000 der etwa 4,1 Millionen Einwohner arbeiten im Ausland. Der Konflikt um Transnistrien ist weiterhin ungelöst - die abtrünnige Region im Osten des Landes erkennt die Autorität der moldauischen Regierung in Chisinau nicht an.
Trotz der politischen Krise zeigt sich Dirk Schübel, Vertreter der EU in der Republik Moldau, optimistisch. In einem Presse-Statement nach dem Sturz der Regierung erklärte er, er glaube, dass das Land die politische Krise überwinden und sich weiter um einen EU-Beitritt bemühen werde.