Propaganda in Reinform: Antisemitismus im nationalsozialistischen Film
Die Nationalsozialisten haben das Kino ganz bewusst und entschieden in ihre perfide Propagandamaschinerie einbezogen. Antisemitische Tendenzen tauchen in vielen NS-Filmen auf. Wie geht man heute mit den Filmen um?
Antisemitisches Gift im Kino: "Jud Süß"
Den heute noch bekanntesten Propagandafilm, der zu den sogenannten Vorbehaltsfilmen zählt, inszenierte Veit Harlan 1940. Harlan erzählt darin die Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer vor historischem Hintergrund und stellte sie in den Dienst antisemitischer NS-Propaganda. "Jud Süß" wurde damals von Millionen Deutschen gesehen.
Klischees, Vorurteile, Rassenhass
In "Jud Süß" werden durch Figurenzeichnung und Handlungsverlauf antisemitische Vorurteile bedient. Der Autor Ralph Giordano sagte: "Jud Süß" sei "die niederträchtigste, gemeinste und raffinierteste Form von 'künstlerischem' Antisemitismus." "Der Film mobilisiert offen sexuelle Ängste und Aggressionen und instrumentalisiert sie für die antisemitische Hetze", so Filmwissenschaftler Michael Töteberg.
"Des Teufels Regisseur": Veit Harlan
Diesen Titel verlieh ein Veit-Harlan-Biograf dem Regisseur, der sich so eindeutig in den Dienst der NS-Ideologie stellen ließ. Für "Jud Süß" hatte sich Harlan bereits mit einigen Filmen mit antisemitischer Tendenz in den 1930er Jahren "qualifiziert". Nach 1945 war der Regisseur nach einem Prozess und einem zeitweiligen Arbeitsverbot trotzdem wieder im Filmgeschäft aktiv.
Aufarbeitung im Kino 70 Jahre später
Über Veit Harlan und seinen antisemitischen Film "Jud Süß" ist nach dem Krieg viel geschrieben und diskutiert worden. Auch das Kino beschäftigte sich mit dem antisemitischen Machwerk. Regisseur Oskar Roehler befasste sich 2010 mit Entstehung und Wirkung des Propagandafilms "Jud Süß" in seinem melodramatischen und nicht unumstrittenen Spielfilm "Jud Süß - Film ohne Gewissen".
Er zog die Strippen: Joseph Goebbels
Die Nationalsozialisten hatten erkannt, dass das Kino eine mächtige Wirkung bei der "Volksaufklärung" entfalten konnte. Joseph Goebbels und sein "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda" nutzten das Medium für ihre Ideologie - Antisemitismus gehörte dazu. Das kam dann nicht nur in Spielfilmen wie "Jud Süß" zum Ausdruck, sondern auch in Wochenschauen, Kultur- und Unterrichtsfilmen.
NS-"Dokumentation": "Der ewige Jude"
Flankiert wurde "Jud Süß" von dem wenige Monate später in den Kinos gestarteten "Aufklärungs- und Dokumentarfilm" "Der ewige Jude". Der von Fritz Hippler montierte Film zeigt bekannte jüdische Kulturschaffende, Aufnahmen aus dem Warschauer Ghetto und Szenen jüdischer Religionspraktiken - und kombinierte das auf perfide Weise, und mit eindeutigem Kommentar, mit Hitler-Reden und SS-Aufmärschen.
Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl
Auch die Regisseurin Leni Riefenstahl versuchte sich nach 1945 von Vorwürfen reinzuwaschen, sie sei eine ideologische Parteigängerin der Nationalsozialisten gewesen. Riefenstahl war verantwortlich für die großen Parteitagsfilme der NSDAP und insofern stand sie auch für die Propaganda der Nationalsozialisten - der Antisemitismus gehörte als Kernidee dazu.
Antisemitismus in historischen Filmen
Die meisten Propagandafilme der Nationalsozialisten, die zwischen 1933 und 1945 entstanden, arbeiteten mit kleineren antisemitischen Dosen. So deutlich wie "Jud Süß" waren die meisten NS-Werke nicht. Auch wurden manche Filme während der Produktionsphase diesbezüglich noch "entschärft". Auch der Historienfilm "Bismarck" (1940) war ursprünglich als aggressiver antisemtischer Propagandafilm geplant.
Hitler-Satire mit Komiker Charlie Chaplin
Während des Krieges entstanden in Hollywood einige Filme, die sich mit den Mitteln des Kinos gegen Nationalsozialismus und Antisemitismus wandten. Auch Charlie Chaplin beschäftigte sich 1940 humoristisch in "Der große Diktator" mit Nazi-Deutschland. Nach dem Krieg sagte er, dass er anders gehandelt hätte, wäre ihm damals das ganze Ausmaß der Vernichtungspolitik gegen die Juden bewusst gewesen.