Friedensprotest am Fliegerhorst
10. August 2013Wenn Andreas Buro von den Hochphasen der deutschen Friedensbewegung redet, dann klingt das nicht wehmütig, sondern selbstsicher: "Es gab damals keine Partei, keine Gewerkschaft, die mehr Leute auf die Straße bringen konnte als wir." Der heute 84-jährige emeritierte Professor für internationale Politik und Träger des Aachener und Göttinger Friedenspreises ist seit Jahrzehnten in der deutschen Friedensbewegung engagiert.
Buro hebt gerne hervor, dass nicht nur Massendemonstrationen mit zehntausenden oder hunderttausenden Teilnehmern von einer aktiven und erfolgreichen Arbeit der Friedensaktivisten zeugen. Wichtig seien die vielen kleinen Projekte, Arbeitsgruppen und kreative Protestaktionen, die das gesellschaftliche Bewusstsein beeinflussen.
Der NATO-Doppelbeschluss
Eine Mobilisierung der Massen, so Buro, sei vor allem bei akuten Bedrohungslagen möglich. So wie bei den Protesten gegen den sogenannten "NATO-Doppelbeschluss" zu Beginn der 1980er Jahre. Damals entschied die NATO, in Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten nukleare US-Mittelstreckenraketen zu stationieren, welche Moskau jederzeit in Schutt und Asche hätten legen können. Kritiker befürchteten angesichts des Wettrüstens, dass die Gefahr eines Atomkrieges in Europa deutlich steigen würde.
Im Oktober 1981 kam es in Bonn beim Besuch von US-Präsident Ronald Reagen zu einer Friedensdemonstration mit etwa 300.000 Teilnehmern. Ein gutes halbes Jahr später versammelten sich anlässlich eines NATO-Gipfels sogar 400.000 Menschen zu einer Demonstration unter dem Motto "Aufstehen für den Frieden" in der damaligen deutschen Hauptstadt. Verhindern konnten die Demonstranten die Raketenstationierung jedoch nicht.
"Kein Blut für Öl"
Auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kam es zu Beginn der 1990er Jahre zu großen Friedensdemonstrationen. "Kein Blut für Öl" war damals das Motto der zahlreichen Kundgebungen gegen die US-geführte "Operation Wüstensturm" im Irak. Besonders die damals oft als unpolitisch titulierte Jugend ging in Scharen auf die Straße. Auch in Bonn gab es 26. Januar 1991 wieder eine Großkundgebung mit etwa 150.000 Teilnehmern.
Der Golfkrieg bilde das vorläufige Ende der großen Friedensdemonstrationen, wohl aber nicht das Ende der Friedensbewegung, sagt Simon Teune vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin: "Bei der Friedensbewegung ist es wie bei anderen Protestbewegungen: Sie entwickelt sich in Wellen." Momentan engagierten sich die Friedensaktivisten eher in kleineren Bündnissen und machten durch Aktionen wie etwa Informationsstände in Fußgängerzonen auf sich aufmerksam. "Das findet jedoch häufig unter der Wahrnehmungsschwelle der Massenmedien statt."
Atombomben in der Eifel
Es bleibt abzuwarten, ob die für Sonntag (11. August 2013) geplante Kundgebung am "Fliegerhorst Büchel" für mediale Aufmerksamkeit sorgt. Die Veranstalter wagen keine genaue Prognose zur Zahl der Demonstranten: "Vielleicht werden es 500, vielleicht auch 1500." Der Stützpunkt der deutschen Luftwaffe liegt abgeschieden in der Eifel. Dort sollen die einzigen auf deutschem Boden verbliebenen Atombomben der Amerikaner lagern, vermutlich 20 Atombomben vom Typ B61 - reine Abwurfbomben, die kein Steuerungssystem haben. Diese Behauptung, von der Enthüllungsplattform Wikileaks vor kurzem aufgedeckt, ist bis heute weder von deutschen noch von amerikanischer Regierungsseite bestätigt worden.
Neben der generellen Ablehnung dieser Waffen richtet sich der Protest dagegen, dass die US-Regierung den Aktivisten zufolge plant, ihr Atomwaffenarsenal in Deutschland und Europa zu modernisieren.
Schwarz-Gelb ignoriert Koalitionsvertrag
"Wir lehnen eine Modernisierung dieser Atomwaffen ab, weil es sonst die Bomben hier noch auf lange Zeit geben wird" sagt Roland Blach vom Bündnis "atomwaffenfrei.jetzt". Stattdessen fordert er die Bundesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass die Atomwaffen ganz aus Deutschland verschwinden. Immerhin steht dieses Ziel auch im schwarz-gelben Koalitionsvertrag von 2009. Passiert ist in diese Richtung jedoch nichts.
Zum Auftakt der Proteste in Büchel treten Musiker auf, unter anderem unter dem Motto "Aufspielen zum Abrüsten". Auch Sängerin Nina Hagen wird erwartet. Die Demonstranten wollen die Zufahrten zum Stützpunkt blockieren. Enden sollen die Aktionen laut Roland Blach am Folgetag um sechs vor zwölf. "Wir hoffen, dass wir mit unserer Aktion die symbolische Atom-Uhr um eine Minute zurückstellen und die Gefahr eines Atomkrieges ein bisschen verringert haben."