Provinzposse in Italiens Hauptstadt
31. Oktober 2015In der italienischen Hauptstadt ist das politische Chaos nach dem Hin und Her um den Amtsverbleib von Bürgermeister Ignazio Marino perfekt: Insgesamt 26 der 48 Mitglieder des Gemeinderats erklärten am Freitag ihren Rücktritt. Damit gelten Stadtparlament und Stadtregierung als aufgelöst und der 60-Jährige als nicht länger im Amt. Die Gemeindeordnung sieht vor, dass durch den Rücktritt einer Mehrheit der Kommunalvertreter der Bürgermeister automatisch sein Amt verliert.
"Ewige Stadt" wird kommissarisch regiert
Die Stadtregierung bekommt jetzt Hilfe von Außen. Der bisherige Mailänder Präfekt Francesco Paolo Tronca wurde zum kommissarischen Leiter der Geschäfte der Stadt Rom ernannt. "Unsere Wahl ist Francesco Paolo Tronca, denn das Jubeljahr soll so funktionieren, wie die Expo funktioniert hat", zitierte die Nachrichtenagentur AdnKronos Innenminister Angelino Alfano. Tronca hatte sich in Mailand hohes Ansehen erworben. Die Wahl eines neuen Bürgermeisters wird voraussichtlich im Sommer 2016 abgehalten.
In Rom beginnt am 8. Dezember ein von Papst Franziskus ausgerufenes außerordentliches Heiliges Jahr. Erwartet werden mehrere Millionen zusätzliche Besucher in der Stadt, die mit riesigen Verkehrs- und Infrastrukturproblemen zu kämpfen hat.
Der Ex-Chirurg und politische Quereinsteiger Marino, dem unter anderem vorgeworfen wird, private Essen mit der städtischen Kreditkarte bezahlt zu haben, hatte am 12. Oktober seinen Rücktritt eingereicht. Am Donnerstag machte er aber von der Möglichkeit Gebrauch, diesen binnen einer 20-Tage-Frist zu widerrufen. Er gehört zur Demokratischen Partei (PD) von Ministerpräsident Matteo Renzi, in der er zuletzt jeden Rückhalt verloren hatte. 19 der jetzt zurückgetretenen römischen Gemeinderatsmitglieder sind Parteigänger der PD.
Marino war 2013 zum Bürgermeister gewählt worden. Er hatte einen Neuanfang in dem von Korruptionsskandalen unter den vorangegangenen Rechtsregierungen erschütterten Rathaus auf dem Kapitol versprochen, agierte aber politisch ungeschickt und galt als führungsschwach.
qu/wa (dpa, afp)