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IStGH-Prozess gegen kongolesischen Rebellenchef eröffnet

2. September 2015

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) hat der Prozess gegen einen der berüchtigtsten ehemaligen Rebellenführer im Kongo begonnen. Bosco Ntaganda werden schwere Kriegsverbrechen zur Last gelegt.

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Bosco Ntaganda (Foto: rtr)
Bild: Reuters/M. Kooren

Richter Robert Fremr hatte die Verhandlung am Morgen im Beisein des ehemaligen kongolesische Rebellenchefs (Artikelbild) eröffnet. Der 41-jährige Ntaganda wies die Anklage wegen schwerer Kriegsverbrechen im Osten des Kongos zurück. "Ich bin in allen Punkten unschuldig", sagte er zu Beginn des Prozesses. Er ist wegen insgesamt 18 Delikten angeklagt - sie reichen von Mord, Vergewaltigung, sexueller Versklavung von Kindern, der Rekrutierung von Kindersoldaten über Plünderung bis hin zur Vertreibung der Zivilbevölkerung.

Dem Prozess wird besondere Bedeutung beigemessen, weil sich erstmals im internationalen Strafrecht ein Kommandeur wegen Vergewaltigung und sexueller Versklavung in seiner eigenen Miliz verantworten muss.

Aussagen von mehr als 2000 Opfern

In den ersten beiden Prozesstagen werden die IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda und die Verteidigung ihre Argumente vortragen. Der Kongolese habe "hunderte Kindersoldaten rekrutiert und sie benutzt, um bei Gefechten zu töten und zu sterben", sagte Bensouda am Dienstag. Kämpferinnen der Miliz seien regelmäßig vergewaltigt worden. Seine Truppen haben laut Anklage gezielt Dörfer und Gemeinschaften angegriffen, die nicht zur Volksgruppe der Hema gehörten. Der Rebellenchef soll auch selbst Menschen getötet haben. Ntagandas Anwalt Stephane Bourgon kündigte an, sein Mandant werde sich gegen die Vorwürfe wehren und seine Unschuld beweisen.

Die Anklage beruft sich auf Aussagen von mehr als 2000 Opfern. 80 Zeugen, unter ihnen drei ehemalige Kindersoldaten, sollen während des Prozesses gegen Ntaganda aussagen. Dem früheren Kriegsherrn werden vor allem Taten zur Last gelegt, die in der kongolesischen Provinz Ituri in den Jahren 2002 und 2003 begangen wurden. Die von Ntaganda angeführte und von der Volksgruppe der Hema dominierte Miliz Patriotische Front für die Befreiung des Kongo (FPLC) kämpfte damals gegen Angehörige der Volksgruppen der Lendu, Bira und Nande. Der in Ruanda geborene Ntaganda hatte sich nach mehr als sechs Jahren Flucht 2013 der Justiz gestellt. Der Prozes gegen ihn wird voraussichtlich mehrere Jahre dauern.

Armut und Bürgerkrieg

Im Ostkongo flammen nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg immer wieder Kämpfe auf, in dem verschiedene Rebellengruppen und die Armee um Macht und Rohstoffe streiten. Von der FPLC-Miliz wurde bereits der frühere Rebellenchef Thomas Lubanga vom Strafgerichtshof zu 14 Jahren Haft verurteilt. Trotz seiner natürlichen Ressourcen leben viele der 79 Millionen Bewohner des nur schwach industrialisierten Landes in Armut. Der in Kinshasa regierende Präsident Joseph Kabila will bei Neuwahlen 2016 entgegen der Verfassung zu einer dritten Amtszeit antreten. Die Vereinten Nationen unterhalten im Kongo mit rund 23.000 Blauhelmen die weltweit größte Friedensmission.

Der Strafgerichtshof in den Haag ist das erste ständige internationale Gericht, das Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgt. Seit seiner Eröffnung 2002 wurden drei Urteile gesprochen, darunter war ein Freispruch.

chr/stu (epd, rtr, dpa)