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Kritisiert, engagiert: Punk in Indonesien

Darius Ossami5. April 2013

In Indonesien gibt es eine rege Punkszene. Regelmäßig geraten sie mit den Konservativen aneinander, die in ihnen eine Bedrohung sehen.

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The Djihard in Kuta/Bali. Bild: Darius Ossami 2013
Punk in IndonesienBild: DW/ D.Ossami

Medan ist eine Millionenstadt im Norden der indonesischen Insel Sumatra. Niederländische Kolonialbauten erinnern an die Vergangenheit. Fünf Mal am Tag ruft der Muezzin die Muslime zum Gebet. Eine typische indonesische Großstadt, gäbe es da nicht das Bambushaus von Tulang am Stadtrand.

Lärmende Punkmusik dringt nach draußen. Junge Männer mit Irokesenschnitt und Tätowierungen gehen ein und aus. Der hagere Tulang ist mit über 30 Jahren einer der älteren Punk-Aktivisten. Er spielt bei der Band RKA und sein Haus dient als Anlaufstelle für auswärtige Punks. Die Nachbarn seien nicht beunruhigt, sagt Tulang: "Sie wissen, dass wir Konzerte organisieren, und dass manchmal Leute von außerhalb kommen, um uns zu besuchen."

Ausländische Bands als Attraktion

So wie die Band Kami Ada. Der indonesische Name bedeutet: Uns gibt es. Die Band kommt aus Berlin, besteht aber aus einer Kolumbianerin, einem Polen, einem Deutschen und dem Indonesier Cimot, der seit drei Jahren in Berlin lebt. Gemeinsam mit seinen alten Freunden aus Indonesien hat Cimot im Februar und März 2013 eine fünfwöchige Tour durch die indonesischen Inseln Sumatra, Java und Bali organisiert.

Punk in Indonesien ist eine westlich geprägte Subkultur, die ihrem Vorbild in Europa an Vielfalt in nichts nachsteht. Alle Richtungen des Punks vom Streetpunk bis zum Hardcore sind vertreten.

Kein Konzert zur Gebetszeit

Fast 90 Prozent der 240 Millionen Indonesier sind Muslime. Religion spielt in der indonesischen Kultur eine zentrale Rolle. Sie wirkt bis in die Punkszene. Auf Konzerten in Clubs, deren Besitzer Muslime sind, ziehen sich die Punks brav die Schuhe aus. In kleineren Städten werden freiwillig Konzertpausen eingelegt, um die Gläubigen nicht beim Beten zu stören.

ALT: Überdrehte Jugendliche in Brebes/Zentraljava bei einem Punkkonzert. (Foto: Darius Ossami 2013)
Voller Körpereinsatz beim KonzertBild: DW/ D.Ossami

Der Islam in Indonesien ist moderat, doch in der an Medan angrenzenden strenggläubigen Provinz Aceh geraten die beiden Welten Religion und Punk oft aneinander. In der autonomen Provinz gilt die Scharia, das strenge islamische Recht. Die Punks gehören zum Feindbild Nummer eins der Sittenpolizei. Im Dezember 2011 wurden auf einem Konzert 65 Punks verhaftet und in ein Umerziehungslager gesteckt.

Auch die beiden Punks Poloh und Pudi, die das Konzert damals organisiert hatten, mussten zehn Tage die Umerziehung über sich ergehen lassen. Doch Poloh und Kiki wollen sich wehren, obwohl sie als Punks in Aceh diskriminiert werden: "Wir werden weiter dafür kämpfen, uns zu kleiden wie wir wollen, für das Recht, frei zu sprechen und für unsere demokratischen Rechte in Indonesien."

Soziales Engagement

Nicht nur in Aceh fehlt es an Freiräumen, sondern auch in der weltoffenen Hauptstadt Jakarta. Einer der ganz wenigen Treffpunkte war bis Februar 2013 der Bahnhof Pondok Jati. Jahrelang haben die Punks dort gelebt und Konzerte veranstaltet, die immer unterbrochen werden mussten, wenn ein Zug durchfuhr. Dann wurden die zwei Räume in der liebevoll „Ponti“ genannten Bahnstation kurzerhand abgerissen. Für den Punk Armbon ein herber Verlust. Doch aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. "Wir brauchen einen Freiraum, vor allem in Jakarta", erklärt er.

Milisi Kecoa bei einem Auftritt in Bandung/Java. (Foto: Darius Ossami 2013)
Die Punkband Milisi Kecoa rockt in BandungBild: DW/ D.Ossami

Über das Internet, Konzerte und Fan-Magazine stehen die Punks, trotz aller Hindernisse, in engem Kontakt. Die politische Dimension des Punks drückt sich in einer Vielzahl von Benefizveranstaltungen aus. Die Punks sammeln Spenden für Waisenkinder oder setzten sich für die Antikorruptionsbewegung ein. Ein Beispiel ist die solidarische Armenküche "Food not Bombs" (Essen statt Bomben). Die Punks zeigen so, dass sie zwar nicht aktiv gegen die staatlichen Autoritäten und die Religion sind, aber die konservativen Wertevorstellungen mit ihrem rebellischen Lebensstil in Frage stellen
wollen.