Putin-Gegner Nawalny vorerst freigelassen
30. September 2017Im Eingang seines Hauses hatte die Moskauer Polizei den bekannten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny festgenommen - wegen "wiederholter Aufrufe zur Teilnahme an einer nicht genehmigten öffentlichen Veranstaltung". Darauf stehen bis zu 30 Tage Haft.
Am Freitagabend kam der Oppositionelle wieder frei. Allerdings müsse er am Montag vor einem Richter erscheinen, teilte seine Sprecherin Kira Jarmytsch mit. Nawalnys Anwältin Olga Michailowa hatte zuvor erklärt, ihr Mandant sei ohne eine schriftliche Darlegung der Gründe den ganzen Tag lang festgehalten worden.
"Ich fühle mich sehr gut"
Der 41-Jährige rief Journalisten, die vor der Polizeiwache warteten, zu, er fühle sich "sehr gut". Am Wochenende werde er in der Stadt Orenburg und in Archangelsk im Nordwesten seinen Wahlkampf fortsetzen.
Auch zum Zeitpunkt seiner Festnahme war Nawalny nach eigenen Angaben zu einer Wahlkampfveranstaltung unterwegs, die in der Großstadt Nischni Nowgorod, 400 Kilometer östlich von Moskau, stattfinden sollte. Dort nahm die Polizei seinen Wahlkampfleiter Leonid Wolkow fest. Dennoch versammelten sich mehrere hundert Menschen, nachdem Nawalny seine Anhänger dazu aufgerufen hatte, als Zeichen des Protests zu erscheinen.
"Sie fühlen sich bedroht"
Der erklärte Gegner von Präsident Wladimir Putin brachte seine neuerliche Festnahme mit der Kundgebung in Nischni Nowgorod in Verbindung. Der Kreml sehe seine "Treffen mit den Wählern als eine riesige Bedrohung und sogar als Beleidigung", erklärte er.
Nawalny hatte im Sommer eine 25-tägige Arreststrafe abgesessen. Die Justiz hatte ihn für schuldig befunden, nicht genehmigte Proteste gegen Putin organisiert zu haben. Wegen einer früheren Verurteilung zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe darf Nawalny laut Wahlkommission nicht bei der Präsidentenwahl 2018 antreten.
Er selbst hält dieses Urteil, das wegen Veruntreuung erging, für politisch motiviert. Auch der Europarat sprach von einer "willkürlichen und unfairen" Entscheidung und forderte Russland auf, Nawalny eine Präsidentschaftskandidatur zu ermöglichen.
Europarat: Demonstranten werden öfter festgenommen
Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Nils Muiznieks, kritisierte in einem am Freitag vorgelegten Bericht, die russischen Behörden genehmigten immer weniger kremlkritische Versammlungen. Teilnehmer an solchen Kundgebungen würden häufiger festgenommen und mit Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis belegt. Muiznieks forderte Moskau auf, die Verschärfung des Versammlungsrechts zurückzunehmen.
jj/ust (dpa, afp, ap)