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Putin sucht Verbündete in Europa

Robert Schwartz17. Februar 2015

Wenn der russische Präsident Putin in Budapest den ungarischen Premierminister Orban trifft, wird es nur vordergründig um die Wirtschaftsbeziehungen gehen. Diese könnten von Moskau als Druckmittel eingesetzt werden.

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Wladimir Putin (Foto: picture-alliance/TASS/Russian presidential press service)
Wladimir PutinBild: picture-alliance/TASS/Russian presidential press service

Wenn Wladimir Putin an diesem Dienstag (17.02.2015) Budapest besucht, wird sich mancher Ungar an eines der bekanntesten ungarischen Volkslieder erinnern: Schön ist nur jener, der blaue Augen hat. Der Mann aus Moskau mit den eisblauen Augen wird versuchen, die Menschen davon zu überzeugen, dass er der Schöne, der Gute ist. Den ungarischen Premierminister Viktor Orban muss er nicht mehr überzeugen, hat dieser doch mehrmals Putin zu seinem politischen Vorbild erklärt.

Doch Orban wird vorsichtig sein müssen. Dass der russische Präsident die Gespräche über neue und preisgünstige Gaslieferungen an die Unterstützung seiner Politik in der Ostukraine knüpfen wird, ist ein offenes Geheimnis. Der ungarische Premierminister, ein Gegner der wegen Moskaus Verwicklung in der Ukraine-Krise verhängten EU-Sanktionen gegen Russland, darf der EU nicht in den Rücken fallen. Das hat ihm Anfang Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem überraschenden Besuch in Budapest klar mit auf den Weg gegeben. Merkel ermahnte Orban, liberale Werte zu verteidigen und die EU-Politik nicht in Zweifel zu ziehen.

Streitpunkt Russland-Politik

Der verbale Schlagabtausch zwischen Merkel und Orban in Budapest, zwei Wochen vor Putins Ungarn-Besuch, war der bisher offensichtlichste Beleg dafür, dass es in der EU ernsthafte Auseinandersetzungen über die Russland-Politik des ungarischen Premierministers gibt. Und dies wiederum war für Putin ein Grund mehr, Ungarn in Europa als einen potenziellen Verbündeten zu betrachten.

Angela Merkel und Viktor Orban (Foto: Reuters)
Viktor Orban - hier mit Kanzlerin MerkelBild: Reuters/L. Balogh

Die guten Beziehungen zwischen Viktor Orban und Wladimir Putin sind der EU seit längerer Zeit ein Dorn im Auge. Das Wort der "Putinisierung" Orbans machte die Runde, verstärkt durch die Auffassung des ungarischen Premierministers von einer "illiberalen" Demokratie und seinem russlandfreundlichen Kurs. Doch kann Orban als ein zweiter Putin bezeichnet werden?

Orbans Bekenntnis zum Westen

Diesen Vergleich hält der Politologe Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik für unzutreffend. "Natürlich ist für Viktor Orban, ähnlich wie für Wladimir Putin, ein ausgeprägtes Machtstreben kennzeichnend", sagte Lang im DW-Gespräch. Die von ihm seit 2010 geführten Regierungen verfolgten eine Politik der Machtkonzentration und der Einhegung unabhängiger und kritischer Kräfte. Auch gefalle sich Orban in der Rolle eines Politikers, der dominante westliche Werte infrage stellt. Doch anders als Putin akzeptiere Orban "den Gedanken des demokratischen Wechsels".

Klare Unterschiede zwischen den beiden Politikern sieht auch der ungarische Soziologe Pal Tamas. Was sie aber verbinde, sei ihre "Abneigung gegen den westlichen Liberalismus", der in Europa seit dem Fall des Eisernen Vorhangs herrsche, so Tamas. Doch anders als Putin bekenne sich Orban klar zum Westen.

Nach Ansicht des deutschen Politologen Kai-Olaf Lang versucht Viktor Orban, außenpolitisch durch die "Öffnung nach Osten" auch mit autoritären Regimen ins Geschäft zu kommen, um dadurch wirtschaftliche Vorteile zu erlangen und eventuell auch mehr politisches Gewicht zu bekommen. Er wolle Ungarn im Westen halten, diesen aber verändern oder "zumindest die Voraussetzungen dafür schaffen, dass er in EU und NATO seinen eigenen Weg beschreiten kann".

Kai-Olaf Lang (Foto: SWP)
Kai-Olaf LangBild: SWP

Abhängigkeit in Energiefragen

Russland ist ein wichtiger, aber kein zentraler Wirtschaftspartner für Ungarn. Nur rund drei Prozent des ungarischen Exports gehen nach Russland. Es bleibt jedoch ein Hauptlieferant für Gas und Öl, so dass von einer energiewirtschaftlichen Abhängigkeit Budapests von Moskau gesprochen werden kann. Russland werde versuchen, ähnlich wie in anderen mittel- und südosteuropäischen Ländern neue "wirtschaftlichen Brückenköpfe" zu schaffen, so Kai-Olaf Lang. Gerade im Energiebereich soll die Zusammenarbeit vertieft werden. Neben dem angestrebten Ausbau eines Kernkraftwerks in Paks, das durch russische Kredite finanziert werden soll, geht es hier auch um mögliche Geschäfte im Zusammenhang mit ungarischen Erdgasspeichern und natürlich um den Energiepreis, da der bisher laufende große Gasliefervertrag mit Gazprom Mitte 2015 ausläuft.

Der Soziologe Pal Tamas wies im DW-Gespräch darauf hin, dass sein Land sich zwar in der EU befinde und exzellente Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland habe - immerhin gingen 25 Prozent des ungarischen Exports nach Deutschland. Aus "pragmatischer Sicht" werde es jedoch versuchen, "seine Spiele mit Russland, China und autoritären Regimes im Osten zu spielen".

Absicherung in alle Richtungen

Für Kai-Olaf Lang sieht es bei Orbans Politik aber auch danach aus, dass Russland als Reservepartner gegen eine Isolierung gedacht sein könnte, falls Ungarn im Westen noch stärker ins Abseits geraten sollte als bisher.

Ob eine Stärkung der Beziehungen zu Russland Orbans Position innerhalb der EU festigt oder ihn im Gegenteil in weitere Erklärungsnot bringt, wird sich an diesem Dienstag zeigen.