Putsch zugunsten "echter Demokratie" in Bolivien gescheitert
27. Juni 2024Nach einem versuchten Staatsstreich in Bolivien ist der Anführer der Putschisten festgenommen worden. General Juan José Zúñiga wurde festgesetzt, wie Medien des lateinamerikanischen Landes berichten. Die Generalstaatsanwaltschaft am Regierungssitz La Paz leitete Ermittlungen gegen den Offizier und seine Mitverschwörer ein. Zúñiga werde Terrorismus und bewaffneter Aufstand gegen die Sicherheit und Souveränität des Staates vorgeworfen, hieß es zur Begründung.
Der bolivianische Staatschef Luis Arce und der abtrünnige General hatten sich kurz zuvor auf den Fluren des Regierungspalastes Quemado Auge in Auge gegenübergestanden. "Ziehen Sie alle Soldaten zurück. Das ist ein Befehl", rief der Präsident. Anschließend enthob er den Heereschef seines Amtes und tauschte die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen aus der Innenstadt von La Paz an. "Ich danke dem bolivianischen Volk", rief Arce umringt von seinen Ministern vom Balkon des Regierungspalastes.
Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) hatten Soldaten unter Zúñigas Kommando den zentralen Platz Murillo vor dem Präsidentenpalast in La Paz besetzt und mit einem Panzer ein Metalltor des Gebäudes gerammt. Umgeben von Soldaten und mehreren Panzern sagte Zúñiga, Boliviens Militär wolle die Demokratie "umstrukturieren", um sie zu einer "echten Demokratie" zu machen.
Präsident Arce wiederum erklärte vor hunderten Anhängern, "niemand kann uns die Demokratie wegnehmen, die wir errungen haben". Zuvor hatte er die Menschen in dem südamerikanischen Land dazu aufgerufen, "sich gegen den Staatsstreich zu wehren und für die Demokratie zu mobilisieren". Laut Innenminister Eduardo del Castillo wurden im Zuge des Putschversuchs neun Menschen verletzt.
Zahlreiche Länder in Lateinamerika verurteilten den Putschversuch. Staatenlenker aus Chile, Ecuador, Peru, Mexiko, Kolumbien und Venezuela riefen Bolivien dazu auf, die Demokratie zu respektieren. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva schrieb auf dem Onlinedienst X, er sei ein Freund der Demokratie und wolle, dass es sie in ganz Lateinamerika gebe. "Wir verurteilen jede Form des Staatsstreichs in Bolivien", fuhr er fort. Auch die Administration von US-Präsident Joe Biden erklärte, die Ereignisse in Bolivien genau zu beobachten - und rief zur Ruhe auf.
Machtkampf zwischen Präsident und Ex-Staatschef
In Bolivien war bereits über eine Absetzung des seit 2022 im Amt befindlichen Zúñiga spekuliert worden. Der General hatte zuvor angekündigt, er werde den früheren bolivianischen Präsidenten Evo Morales festnehmen, falls dieser wie angekündigt darauf bestehe, bei der Präsidentschaftswahl 2025 zu kandidieren. Morales selbst schrieb auf X, ehemals Twitter, es braue sich ein Staatsstreich zusammen. Er rief zu einer "nationalen Mobilisierung zur Verteidigung der Demokratie" auf.
Bolivien ist nach Jahren politischer Instabilität tief polarisiert. Die sozialistische Regierungspartei MAS ist durch einen internen Konflikt zwischen Anhängern von Arce und seinem ehemaligen Mentor Morales gespalten, der von 2006 bis 2019 Staatschef war. Morales, der erste indigene Präsident Boliviens, war sehr beliebt, ehe er versuchte, die Verfassung zu umgehen und 2019 eine vierte Amtszeit anzustreben. Er gewann zwar die Wahl, musste aber inmitten tödlicher Proteste wegen Wahlbetrugsvorwürfen zurücktreten und floh aus dem Land. Nachdem Arce im Oktober 2020 die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, kehrte Morales zurück in das südamerikanische Land. Seitdem ist ein Machtkampf zwischen den beiden Männern entbrannt.
sti/waz (afp, dpa, rtr)
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