Qwant plant Großes
12. April 2014Genau das Gleiche wie Google zu machen sei aussichtslos, räumt Eric Léandri, einer der Qwant-Gründer, ein: "Jeder, der das versucht hat, ist daran gescheitert. Sorry, Google hat den besten Suchindex auf dem Planeten." Allerdings versage Google in einem Punkt: bei der Integration aktueller Inhalte von sozialen Netzwerken. Hier sieht Léandri die große Chance von Qwant.
"Entdeckungsmaschine" dank Social-Media-Inhalten
Qwant sei deswegen eher eine "Entdeckungsmachine" als eine bloße Suchmaschine. Um die Entdeckung zu ermöglichen, stehen bei Qwant vier und manchmal auch fünf Spalten nebeneinander. Unter der Rubrik "Netz" befinden sich allgemeine Links, ähnlich wie die große Trefferliste von Google. Unter "Nachrichten" sind Artikel von Onlinemedien aufgelistet, das ist vergleichbar mit dem Dienst Google News. Unter "Sozial" finden sich aktuelle Beiträge aus sozialen Netzwerken. Wer dort beispielsweise den Begriff "Heartbleed" (das kürzlich entdeckte Sicherheitsleck im Netz) eingibt, sieht die dazu passenden Kurznachrichten auf Twitter und Google Plus. Die sind nur wenige Minuten oder gar Sekunden alt. Solche Inhalte zeigt die Suche des großen Wettbewerbers nicht an, was laut Léandri deren großes Manko ist.
Unter "Einkaufen" sind Einträge von Webshops aufgelistet, die auch entsprechend als Anzeigen markiert sind. Mit diesen Links wird Geld verdient, während Google mit Textanzeigen neben der eigentlichen Trefferliste Einnahmen generiert. Bei einigen Begriffen befindet sich in der Mitte der Seite noch die Spalte "Qnowledge Graph", in der die Einleitungspassage des entsprechenden Wikipedia-Artikels abgedruckt wird. Bei Google heißt das fast gleich lautend "Knowledge Graph".
Außen Qwant, innen Bing?
Der Suchmaschinen-Experte Johannes Beus von der Firma Sistrix mahnt an, dass eine tatsächliche Innovation noch fehlt: "Google ist seinerzeit Marktführer geworden, weil man durch die Gewichtung von Links die Qualität der Suchergebnisse deutlich steigern konnte. Möchte eine neue Suchmaschine Nutzer überzeugen, braucht sie eine vergleichbare Revolution." Das sehe er bei Qwant noch nicht einmal ansatzweise. Zudem sei ihm aufgefallen, dass die Ergebnisse der allgemein "Netz"-Kategorie verdächtig denen der Microsoft-Suchmaschine Bing ähneln: "Für mich hat es den Anschein, als nutze Qwant für seine Webergebnisse eine öffentliche, für alle zugängliche API-Schnittstelle von Bing. Die Ergebnisqualität entspricht damit auch der von Bing: besser als vor einigen Jahren, aber noch deutlich hinter dem Marktführer Google."
Übernimmt Qwant die Ergebnisse von Bing und wandelt sie nur minimal ab? Ein deutliches Nein von Eric Léandri: "Wir greifen ganz klar nicht auf die Schnittstelle der Suchmaschine Bing zurück." Eine formale Kooperation zwischen Qwant und Bing bestehe nicht. Auch der Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner bestätigt, dass zur Zeit keine derartigen Geschäftsbeziehungen bestehen. Die allgemeine "Netz"-Spalte in Deutschland sei statt dessen eine bunte Mischung aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Netzquellen, wie das auch die Meta-Suchmaschine Duckduckgo macht.
Qwant will aufrüsten
Léandri kündigt an, dass bald sowieso alles anders werde. Ein eigener Web-Crawler namens "Qwantify" durchforste zur Zeit das deutschsprachige Internet und baue einen unfassenden Index aller Inhalte auf. Auf dieser Grundlage könne dann ein eigener Algorithmus namens "YouRank" komplett eigene Trefferlisten für jede Suchanfrage erzeugen. Das passiere zur Zeit auch teilweise schon und werde im Laufe des Aprils bei immer mehr Suchbegriffen sichtbar sein: "Schon in wenigen Wochen wird Qwant in Deutschland komplett anders aussehen."
Eric Léandri ist stolz darauf, dass Qwant der erste ernsthafte europäische Konkurrent für Google werden könnte. Aber was schützt die Nutzer eigentlich davor, dass sich der europäische David im Erfolgsfall vom US-amerikanischen Goliath alias Google aufkaufen lässt? Ausschließen könne man das doch nie.
Daran glaubt Léandri nicht: Anders als bei der Milliarden-Übernahme von Whatsapp durch Facebook würde Qwant Google keinerlei kommerziell interessante Daten liefern können, auch weil sich seine Firma um Datenschutz bemüht. Die einzige Motivation, Qwant zu übernehmen, könnte deswegen sein: Google will das Portal dichtmachen und so einen Konkurrenten vom Markt werfen. Darauf würden er und die beiden anderen Gründer sich nicht einlassen: "Wir drei halten 75% der Firmen-Anteile an Qwant. Und wir würden nicht zulassen, dass Qwant geschlossen wird."