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Radikalkur für Frankreichs Wirtschaft

5. November 2012

Ex-EADS-Chef Gallois fordert für den Wirtschaftsstandort Frankreich eine Schocktherapie. Sein Gutachten zeichnet ein düsteres Bild von der Wettbewerbsfähigkeit und empfiehlt tiefgreifende Reformen.

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Beschäftigte des Autobauerkonzerns PSA Peugeot-Citroen protestieren gegen die Schließung ihres Werks in Aulnay-sous-bois, Frankreich. (Foto: Xavier De Torres/MAXPPP)
Bild: picture-alliance/dpa

Arbeitskosten runter, Wettbewerbsfähigkeit rauf - einschneidende Reformen sollen den Wirtschaftsstandort Frankreich vor dem Abgleiten in die Dauerkrise bewahren. Das schlägt ein mit Spannung erwartetes Gutachten vor. Autor ist der frühere Chef des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, Louis Gallois. Am Montag wurde das Gutachten dem französischen Premierminister Jean-Marc Ayrault vorgelegt.

Gallois fordert darin einen heilsamen "Schock" für Frankreich, ähnlich der Ruck-Rede für Deutschland des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Bereits an diesem Dienstag will die Regierung mögliche Konsequenzen in einer Kurzklausur beraten.

Kluft zu Deutschland wächst

An zahlreiche Stellen des Berichts verweist Gallois auf die seit Jahren wachsende Kluft zu Europas stärkster Industrienation Deutschland. Ursache seien unter anderem die vergleichsweise niedrigen Arbeitskosten in der Bundesrepublik sowie der stark deregulierte Dienstleistungssektor.

Kernpunkt des Gallois-Papiers ist ein Vorschlag zur massiven Senkung der Lohnnebenkosten. Innerhalb von maximal zwei Jahren soll die Belastung für Unternehmen um 20 Milliarden Euro reduziert werden. Bei Arbeitnehmern sollen es gleichzeitig 10 Milliarden Euro sein. Als Möglichkeiten für eine Gegenfinanzierung gelten die Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine Anhebung der Beiträge in die allgemeine Sozialsteuer.

Louis Gallois (Foto:AFP/Getty Images)
Louis GalloisBild: AFP/Getty Images

Kampf gegen De-Industrialisierung

"Deutschland, aber auch Schweden und Norditalien können uns Inspirieren", schreibt Gallois. Diese Länder zeigten, dass der Kampf gegen die De-Industrialisierung nicht aussichtslos sei. Grundlage für die Reformen könnte nach Ansicht des langjährigen Wirtschaftslenkers "eine Art Sozialpakt zwischen allen Partnern" in Frankreich sein.

Neben dem Vorschlag zum Thema Arbeitskosten umfasst sein Papier auch Empfehlungen für Exporthilfen, Bürokratieabbau sowie Forschungs- und Innovationsförderung und eine stärkere Arbeitnehmerbeteiligung in Aufsichtsgremien von Unternehmen. Mit insgesamt 22 Maßnahmen solle der "Niedergang der französischen Wirtschaft" gestoppt werden.

Lob der Arbeitgeber

Die Reaktionen auf den Gallois-Bericht fielen überwiegend positiv aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) nannte ihn eine einmalige Gelegenheit für umfassende Reformen und bezeichnete die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit als die größte Herausforderung für die französische Wirtschaft. Der Arbeitgeberverband Medef sprach von einer entscheidenden Etappe in Richtung eines "heilenden Big Bang" für die französische Wirtschaft.

Ob es diesen wirklich geben wird, ist allerdings noch nicht sicher. Hochgelobte Reformvorschläge stießen in Frankreich bereits häufig an Grenzen.

ul/uh (dpa, dapd)