Razzia bei Chodorkowski-Organisation
27. April 2017Die Beamten hätten die Räume in Moskau ohne weitere Erklärung durchsucht. Spezialkräfte hätten dabei wichtige Dokumente beschlagnahmt, sagte eine nicht näher genannte Quelle der Agentur Tass.
Am Vortag war die Bürgerbewegung Offenes Russland verboten worden. Der frühere Besitzer des zerschlagenen Öl-Konzerns Yukos, Michail Chodorkowski, hatte sie 2001 gegründet. In der Stiftung arbeiten mehrere oppositionelle Parteien Russlands zusammen. Ihr Ziel ist es, Präsident Wladimir Putin abzusetzen und offene Wahlen zu unterstützen. Ebenfalls verboten wurden die Menschenrechtsgruppierungen OR (Otkritaja Rossia) und das Institut für ein modernes Russland. Sie dürfen nun keine Publikationen mehr veröffentlichen, ihre Bankkonten können eingefroren werden, und Bürger, die mit ihnen zusammenarbeiten, machen sich strafbar.
Umstrittenes Gesetz
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den Organisationen vor, sie betrieben "eine Destabilisierung der Innenpolitik" und stellten "eine Bedrohung der Staatssicherheit" dar. Offenes Russland steuere vom Ausland aus Projekte, die eine Diskreditierung der kommenden Präsidentschaftswahl zum Ziel hätten, so die Behörde.
Die Anklage stützt sich dabei auf ein umstrittenes Gesetz über sogenannte ausländische Agenten. Organisationen, die sich nach Ansicht der Behörden mit ausländischer Hilfe in innenpolitische Belange einmischen, können in ihrer Arbeit eingeschränkt werden.
Chodorkowski zeigt sich "stolz"
Die Organisation Offenes Russland hat ihren Sitz in Großbritannien. Das Institut für ein modernes Russland wird von Chodorkowskis Sohn von den USA aus geleitet. Offenes Russland hatte zu regierungskritischen Demonstrationen am kommenden Samstag aufgerufen.
Chodorkowski, der nach einer zehnjährigen Haft im Ausland lebt, sieht eine direkte Verbindung zwischen dem Verbot und den geplanten Protesten. "Ich denke, so eine gravierende Entscheidung der Regierung wird nur noch mehr Menschen motivieren, auf die Straßen zu gehen", sagte der 53-Jährige laut seiner Webseite. Das Verbot mache ihn "stolz".
Kürzlich hatte er dazu aufgerufen, bei der Präsidenschaftswahl 2018 für den Oppositionellen Alexej Nawalny zu stimmen. Dessen Bewegung Fonds gegen Korruption (FBK) sei neben Offenes Russland die einzige Gruppierung, die im Kampf gegen Korruption eine andere Politik verfolge als die Regierung.
Kremlkritiker Nawalny nach Farb-Attacke im Krankenhaus
Nach einem Angriff mit Farbe befindet sich Nawalny derzeit im Krankenhaus. Auf dem Weg zu einem Auftritt hätten Unbekannte vor seinem Büro auf ihn gewartet und ihn mit grüner Farbe beworfen, twitterte er. Sein rechtes Auge sei durch die Flüssigkeit, die als Desinfektionsmittel genutzt wird, verletzt worden.
Im März war der Kremlkritiker bei der Eröffnung eines Wahllokals schon einmal mit Farbe bespritzt worden. Ende März waren zehntausende Menschen seinem Aufruf gefolgt, gegen Korruption auf die Straße zu gehen. Der 40-Jährige wurde daraufhin festgenommen und zu 14 Tagen Arrest verurteilt.
uh/jj (dpa, afp, ap)