Bundestagswahl: Zwischen Freudentanz und Fassungslosigkeit
Schon lange war eine Bundestagswahl nicht mehr so spannend wie diese - und das zeigt sich auch an den Wahlpartys der Parteien nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen. Impressionen aus den Parteizentralen.
Die SPD jubelt....
Im Willy-Brandt-Haus herrschte große Freude, auch wenn noch unklar ist, ob die SPD wirklich als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl geht. Etwa 25 Prozent errang sie nach ersten Hochrechnungen - eine Wiederauferstehung, wie sie im Frühjahr die wenigsten für möglich gehalten hatten. Zum ersten Mal seit 16 Jahren hätten die Sozialdemokraten die Chance, wieder einen Bundeskanzler zu stellen.
Scholz will regieren
Und dieser Bundeskanzler soll Olaf Scholz heißen, ist der sichtlich erfreute SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz überzeugt. Angesichts des Wahlergebnisses gebe es einen klaren Wählerauftrag für die Sozialdemokraten. Viele Wählerinnen und Wähler hätten deutlich gemacht, dass sie einen "Wechsel in der Regierung" wollten.
Die CDU trauert
Nach der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen kam der Schock: Das historisch schwächste Ergebnis ihrer Geschichte fuhr die konservative Union ein. Sie erreichte rund 25 Prozent und damit ein deutlichen Minus von rund 8 Prozent gegenüber 2017. Nun muss sie sich ein Kopf-an Kopf-Rennen mit der SPD liefern.
Ein zerknirschter Kanzlerkandidat
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet spricht angesichts der Wahlschlappe von einer "Ausnahmesituation" - und gibt sich dennoch kämpferisch. "Eine Stimme für die Union ist eine Stimme gegen eine linksgeführte Bundesregierung. Und deshalb werden wir alles daran setzen, eine Bundesregierung unter Führung der Union zu bilden", sagte er.
Echte Partystimmung bei den Grünen
La Ola-Welle dagegen bei den Grünen - und Urgestein Renate Künast mitten drin: Bei der Wahlparty der Umweltpartei herrschte ausgesprochen gute Stimmung, auch angetrieben von den guten Wahlergebnissen für das Berliner Abgeordnetenhaus. Mit etwa 15 Prozent nach ersten Hochrechnungen errangen die Grünen ihr historisch bestes Ergebnis. Fast kein Regierungsbündnis wird ohne sie auskommen.
Mäßige Freude bei FDP
Moderates Klatschen bei den Liberalen: Das Wahlergebnis der FDP hat sich mit rund 11 Prozent gegenüber der vergangenen Bundestagswahl kaum verändert. Auch sie könnten - genauso wie die Grünen - zum "Königsmacher" werden, etwa bei einer Jamaika-Koalition mit Union und Grünen oder einer Ampel-Koalition mit SPD und Grünen.
Entsetzen bei der Linken
Lange Gesichter dagegen bei den Linken:"Das ist ein schwerer Schlag für uns", sagte auch Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. "Wir haben durchaus schwer verloren." Die Linke liegt nach den Prognosen von ARD und ZDF bei nur fünf Prozent und muss ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde befürchten, könnte aber dank der Grundmandatsklausel noch in den Bundestag einziehen.
Enttäuschte Gesichter bei der AfD - aber nicht bei allen
Eine offensichtlich enttäuschte Beatrix von Storch (m.): Die rechtspopulistische Partei AfD, bisher drittstärkste Kraft, kommt laut ersten Hochrechnungen auf 11 Prozent und damit auf etwas weniger als 2017 (12,6 Prozent). AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (r.) spricht von einem soliden Ergebnis für seine Partei. "Sicherlich schmerzen auch die Verluste" sagt er im ZDF.
Die Wahlparty der AfD stößt auf Proteste
Ob Feierstimmung - oder auch nicht: Die Wahlparty der rechtspopulistischen AfD stößt auf Gegenprotest. In Berlin haben sich Gegendemonstranten mit einem Transparent hinter Absperrgittern vor der Halle postiert, in der die Veranstaltung stattfindet.
Wut vor den Wahllokalen
Neben all den Emotionen kam in Berlin noch eine Prise Chaos dazu: In Berlin mussten Wählerinnen und Wähler auch kurz vor 18 Uhr vor den Wahllokalen Schlange stehen. Die Stimmzettel waren kurzfristig ausgegangen, wegen eines Marathons waren zudem viele Straßen gesperrt, der Nachschub ließ auf sich warten. Viele mussten rund eine Stunde warten.