Rechte Front gegen die EU
19. November 2013Gwyn Nissen gibt sich gelassen. Man dürfe die Bedeutung der Dansk Folkeparti (DF) nicht überbewerten. "Verglichen mit anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa ist die DF eine Light-Ausgabe", sagt der Chefredakteur der deutschsprachigen dänischen Tageszeitung "Nordschleswiger". Die DF trete gemäßigter auf als ähnliche Parteien und sei deshalb ein Sonderfall im rechten Spektrum.
Dennoch wird das Abschneiden der rechtspopulistischen Partei bei den Kommunalwahlen am Dienstag (19.11.2013) über die Grenzen des skandinavischen Landes hinweg für Interesse sorgen. Für die aufstrebenden Rechtsparteien anderer europäischer Staaten wäre ein Erfolg der DF ein kleines, aber wichtiges Signal.
Sammlung am rechten Rand
Denn sechs Monate vor den Wahlen zum Europaparlament im Mai nächsten Jahres bündeln die Parteien am rechten Rand ihre Kräfte. So wie vergangene Woche, als sich der niederländische Populist Geert Wilders und seine französische Gesinnungsgenossin Marine Le Pen in Den Haag trafen, um für eine gemeinsame große Fraktion aller Rechtsgesinnten im EU-Parlament zu werben. Beide reiten in ihren Ländern auf einer Welle des Erfolgs, bei Umfragen erreichen sie für ihre Verhältnisse Spitzenplätze.
Sollte es ihnen gelingen, im neuen Europaparlament eine handlungsfähige Fraktion zu bilden, würden sie nicht nur mehr Geld aus dem EU-Haushalt bekommen, sondern auch das Recht, Beschlussvorlagen einzubringen. Eine beunruhigende Vorstellung. Denn auf diese Weise könnten die europakritischen Parteien die politische Arbeit empfindlich stören oder sogar blockieren. Eine Fraktion im EU-Parlament muss mindestens 25 Mitglieder aus sieben Ländern haben.
Unterschiedliche Wurzeln der Parteien
Der Politikwissenschaftler Kai Arzheimer von der Universität Mainz bezweifelt, dass es den Rechten gelingen wird, eine schlagkräftige Gruppe zu bilden. "Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass es für sie sehr schwierig ist, zu einer dauerhaften Zusammenarbeit zu kommen." Vor sechs Jahren scheiterte ein Versuch nach nur zehn Monaten. Damals verkrachte sich die Politikerin Alessandra Mussolini, eine Enkelin des italienischen Diktators, mit fünf Abgeordneten aus Rumänien. Berichten zufolge warfen ihr die Politiker der Großrumänien-Partei vor, sie habe "kriminelle Zigeuner mit der gesamten rumänischen Bevölkerung" verglichen.
Die Ursache solcher bizarrer Streits sieht Politikexperte Arzheimer zum einen in den schwierigen Persönlichkeiten rechter Politiker. "Sie haben meist ein großes Ego." Aber auch Unterschiede bei den politischen Wurzeln ließen eine Kooperation scheitern. So käme der französische Front National aus einem stark katholischen gefärbten Umfeld und sei durch eine pro-koloniale Haltung geprägt worden. "In den Anfangsjahren gab es auch Verbindungen zum französischen Rechtsterrorismus." Die dänische DF sei frei von diesem historischen Ballast und gebe sich auch deshalb zurückhaltender. Die Partei stellte bereits klar, dass sie einer rechten Allianz in Europa nicht angehören würde.
Mit Verhandlungsgeschick an die Regierung
Es gibt viele Konfliktfelder. Eines davon ist das Thema Freihandel. "Le Pen ist protektionistisch eingestellt", sagt Arzheimer. Die DF hingegen vertrete wirtschaftsliberale Positionen. Verharmlosen dürfe man die dänischen Rechtspopulisten deshalb nicht. "Die DF lebt davon, dass sie gegen Zuwanderung ist, aber auch von ihrer anti-islamischen Haltung." Die Partei habe zum Beispiel den Konflikt um die Karikaturen des Propheten Mohammed im Jahr 2005 verschärft und zu einem Streit um die Freiheit des Westens stilisiert.
Damals war die DF bereits Teil des politischen Establishments in Dänemark. Von 2001 bis 2011 unterstützte sie die rechts-liberale Minderheitsregierung. Das mache sie auch heute für viele Dänen wählbar, sagt Nissen. In den Umfragen vor der Kommunalwahl liegt sie in den großen Gemeinden des Landes zwischen acht und zwölf Prozent. Damit ist sie hinter den Sozialdemokraten, den Bürgerlichen und den Linken viertstärkste Partei, was in der vergleichsweise zersplitterten Parteienlandschaft Dänemarks ein guter Wert ist. In Aarhus, der zweitgrößten Stadt, kommt sie auf 11,7 Prozent.
Chefredakteur Nissen schließt nicht aus, dass die DF Chancen habe, dort zu regieren. "Auf kommunaler Ebene ist die Mehrheitsbeschaffung in Dänemark sehr breit angelegt." Das bedeute in der Praxis, dass Politiker nach der Wahl Inhalte gegen Posten tauschen. Deshalb sei es sogar vorstellbar, dass die DF in Aarhus das Bürgermeisteramt hole.