Le Pen stiehlt Macron die Show
26. April 2017Der Norden Frankreichs, das ist ihr politisches Terrain, da wollte sie sich nicht die Butter vom Baguette nehmen lassen: Mit einem Überraschungsauftritt in Amiens ging die rechtspopulistische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen ihren sozialliberalen Konkurrenten Emmanuel Macron direkt an. Die Chefin des Front National (FN) tauchte unangekündigt vor dem Werk des US-Haushaltsgeräteherstellers Whirlpool auf, das nach Polen verlagert werden soll. Sie schüttelte dort Arbeitern die Hände, ließ sich umarmen und Selfies mit sich machen. Sie kam damit dem unabhängigen Reformer Macron zuvor, der sich in Amiens, seiner Heimatstadt, derweil zunächst mit Gewerkschaftsvertretern traf.
"Arbeiterführerin?"
"Ich bin in der Mitte der Arbeiter, die sich der wilden Globalisierung widersetzen", bekräftigte Le Pen vor dem Werkstor und versuchte damit, bei der Belegschaft Misstrauen gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik Macrons zu schüren. Jeder wisse, dass Macron auf der Seite der Unternehmen stehe, sagte sie über den früheren Wirtschaftsminister. Whirlpool hatte im Januar angekündigt, die Produktion von Wäschetrocknern aus Amiens nach Polen zu verlagern und das Werk mit derzeit 290 Arbeitern bis Juni 2018 zu schließen.
Macron von der Bewegung "En Marche", der momentane Favorit auf das höchste Staatsamt, wurde im Gegensatz zu Le Pen später mit Pfiffen und Buhrufen empfangen. Nur schwerlich konnte er sich mittels eines Megaphons Verhör verschaffen und rief: "Die Grenzen dichtzumachen ist keine Lösung". Er widersprach damit Le Pens Forderung, Frankreichs Ökonomie gegen ausländische Einflüsse abzuschotten und die Franzosen aus der EU herauszuführen.
Macron warf Le Pen vor, sie wolle aus dem Schicksal der Firma nur politischen Profit schlagen. Notwendig seien konkrete Lösungen. So müsse ein Käufer für die Wäschetrockner-Fabrik gefunden werden.
Verelendete Region
Die nordfranzösische Region Hauts-de-France, zu der Amiens gehört, zählt zu Le Pens Hochburgen. Traditionelle Industriezweige und der Bergbau machten dicht, es herrscht hohe Arbeitslosigkeit. Die Rechtspopulistin hatte dort bei der ersten Wahlrunde am Sonntag gut 31 Prozent der Stimmen geholt, Macron kam auf nur gut 19 Prozent.
Landesweit lag Macron mit 24 Prozent vor Le Pen, die 21,3 Prozent erzielte. Bei der Stichwahl gegen die Rechtspopulistin am 7. Mai werden ihm laut jüngsten Umfragen rund 60 Prozent prognostiziert. Am Mittwoch sprach sich auch der konservative Ex-Präsident Nicolas Sarkozy für Macron aus.
SC/kle (afpe, APE, dpa)