Rechtsruck in Wien bei Präsidentenwahl
25. April 2016FPÖ-Kandidat Norbert Hofer kam bei der Wahl am Sonntag auf rund 36 Prozent der Stimmen. Der Erfolg der rechtspopulistischen FPÖ bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Österreich ist eine schwere Niederlage für die etablierten Volksparteien. Hofer trifft in der Stichwahl nun auf den Grünen-Kandidaten Alexander van der Bellen, der 20 Prozent der Stimmen bekam.
Verlierer sind die beiden Volksparteien
Die Kandidaten der beiden großen Volksparteien SPÖ und ÖVP kamen erstmals seit 1945 nicht in die Stichwahl. ÖVP-Kandidat Andreas Khol und SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer landeten weit abgeschlagen und erhielten jeweils nur rund elf Prozent. Es ist das erste Mal im modernen Österreich, dass der Bundespräsident nicht von einer der beiden Volksparteien gestellt werden wird. Für die FPÖ, deren Logo blau unterlegt ist, war es dagegen das beste Ergebnis einer Wahl auf Bundesebene seit ihrer Gründung im Jahr 1956.
"Heute wurde Geschichte geschrieben", sagte der FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache. Es sei ein "politisch neues Zeitalter aufgeschlagen". Strache zeigte sich überzeugt, dass Hofer "nicht nur die Zwischenbestzeit schafft, sondern auch das Finale". Das schlechte Ergebnis der Volksparteien sei ein Zeichen für die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik der großen Koalition.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach von einer "klaren Warnung an die Regierung, dass wir stärker zusammenarbeiten müssen". Personelle Konsequenzen schloss er zunächst aus. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von der ÖVP sprach von einem "enttäuschenden Ergebnis". Es müsse ein "Relaunch" der Regierung geben, die nun ihre "letzte Chance" habe.
Der Luftfahrtingenieur und stellvertretende Parlamentspräsident Hofer ist mit 45 Jahren der jüngste der Kandidaten und konnte laut Analysen besonders bei jungen Wählern punkten. Seit einem Paragliding-Unglück benutzt der für seine Höflichkeit bekannte Politiker beim Gehen einen Stock. Letzte Umfragen hatten eigentlich erwarten lassen, dass der Grünen-Kandidat van der Bellen knapp vor Hofer landet.
Der frühere Universitätsprofessor van der Bellen trat als Unabhängiger an, wurde aber von den Grünen unterstützt, deren Vorsitz er lange innehatte. Die frühere Verfassungsgerichtspräsidentin Irmgard Griss kam als unabhängige Bewerberin mit 18,5 Prozent auf den dritten Platz. Zwar ging damit ihre Hoffnung nicht auf, Österreichs erste Bundespräsidentin zu werden, doch ist der Erfolg der bis vor kurzem praktisch unbekannten Richterin ein großer Erfolg für eine Unabhängige.
"Österreich zuerst" als FPÖ-Slogan
Die Unterstützung der beiden Volksparteien, die das Land seit dem Zweiten Weltkrieg im Wechsel regieren, sinkt seit Jahren. Obwohl die Regierung von Werner Faymann (SPÖ) seit dem Herbst ihre Flüchtlingspolitik verschärfte, profitierte die FPÖ von der Krise. Hofer hat gedroht, als Bundespräsident die Regierung zu feuern, sollte sie nicht härter gegen Flüchtlinge vorgehen. Die FPÖ hatte unter dem europakritischen Slogan "Österreich zuerst" über Monate hinweg Stimmung in der Flüchtlingsfrage gemacht.
Der Bundespräsident in Österreich hat ähnlich wie in Deutschland traditionell eine vorwiegend repräsentative Funktion, doch ernennt er den Bundeskanzler und kann in bestimmten Fällen das Parlament auflösen.
Der sozialdemokratische Amtsinhaber Heinz Fischer konnte nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten. Die Stichwahl, bei der sich die Linke und die moderate Rechte hinter van der Bellen scharen dürften, findet am 22. Mai statt.
haz/cgn (dpa, afp, rtr)