Reden ist Silber, Handeln ist Gold
28. August 2002Die Bilder gleichen sich: Beim ersten Weltgipfel in Rio vor zehn Jahren lagen die Hotels der Staats- und Regierungschefs quasi in Sichtweite der Favelas, der Armensiedlungen. In Johannesburg wurde der primär weiße Nobelvorort Sandton zur Festung ausgebaut, ein paar Kilometer weiter erstreckt sich das schwarze Armenviertel Alexandra. Mit anderen Worten: Der Graben zwischen Reich und Arm, den der Gipfel weltweit verkleinern soll, verläuft direkt vor den Hoteltüren der Teilnehmer.
Im Moment überwiegt jedoch die Skepsis, ob dieser Kontrast dazu beitragen kann, den Weltgipfel in Johannesburg zu einem Erfolg werden zu lassen. Die Probleme der Welt sind spätestens seit Rio bekannt, selbst der Weg zur Lösung dieser Probleme wurde in der dort verabschiedeten Agenda 21 bereits beschrieben. Trotzdem ist nichts passiert: Armut und Umweltzerstörung haben zugenommen, die Welt steuert sehenden Auges auf eine Katastrophe zu.
Jetzt heißt es also handeln: Wenn am Ende dieses Gipfels nicht klar ist, was wo und mit welchem Geld unternommen wird, dann ist der Gipfel gescheitert. Und zwar in doppelter Hinsicht: Die drängenden Probleme der Welt bleiben ungelöst, und die UN verspielt ihr Vertrauen. Dass bisher jeder Redner bei der Gipfel-Eröffnung auf diese Gefahr hingewiesen hat, zeigt zumindest, dass man sich der Verantwortung bewusst ist.
Die Entwicklung seit Rio hat jedoch gezeigt, dass es nicht ausreicht, sich eines Problems nur bewusst zu sein. Es braucht außerdem den politischen Willen zur Veränderung. Staats- und Regierungschefs reisen gerne zu Gipfeln an, wenn es etwas zu feiern gibt, das auch sie in einem guten Licht erscheinen läßt. Dass der amerikanische Präsident George Bush nicht nach Johannesburg kommt, lässt somit nichts Gutes erwarten.
Doch mit oder ohne Bush: Sollte es am Ende des Gipfels bei vagen Absichtserklärungen geblieben sein, wurde vielleicht die letzte Chance vertan, die Probleme der Welt gemeinsam zu bekämpfen. Die Haltung der reichen Länder gliche dann der eines Gastes in einem Luxushotel, der wohlig-fröstelnd auf das Elend gegenüber blickt. Das das nicht lange gut geht, auch das kann man in Johannesburg lernen. Die Nobelhotels, die einst im alten Stadtzentrum standen, sind alle in den Vorort Sandton geflohen. Im Zentrum wurde es zu gefährlich.