Jeder Achte ist arm
19. Mai 2008Trotz Wirtschaftsaufschwung und sinkender Arbeitslosigkeit sind viele Menschen in Deutschland von Armut bedroht. Wie aus dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervorgeht, den Arbeitsminister Olaf Scholz am Montag (19. 05. 2008) in Berlin vorstellte, sind 13 Prozent der Bürger in Deutschland arm.
Sozialtransfers fangen Armutsgefährdete auf
Weitere 13 Prozent werden nur durch Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II, Kinder- und Wohngeld vor dem Absturz in die Armut bewahrt. Als arm gilt nach einer Definition der Europäischen Union, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient – das sind 781 Euro netto im Monat. Reich ist nach EU-Angaben, wer als Alleinlebender über netto mehr als 3.418 Euro im Monat verfügt.
Scholz will Mindestlöhne
Der Bericht löste in Berlin umgehend eine Debatte über die Arbeitsmarkt-, Sozial- und Bildungspolitik aus. Scholz bekräftigte die SPD-Forderung nach Einführung weiterer Mindestlöhne. Ohne solche Lohnuntergrenzen werde man den Bürgern nicht helfen können, sagte der Politiker. Das SPD-Präsidium verlangte einen Rechtsanspruch auf einen Hauptschulabschluss. Er müsse gegebenenfalls mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit nachgeholt werden können, erläuterte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.
Union setzt auf Wachstumspolitik
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte eine erfolgreiche Wachstums- und Beschäftigungspolitik das beste Mittel gegen Armut. Der Bericht zeige, dass die Gefahr von Armut bei den Erwerbstätigen äußerst gering sei. Einem flächendeckenden Mindestlohn erteilte der Unions-Politiker erneut eine Absage.
DGB gibt Politik Mitschuld
Der Deutsche Gewerkschaftsbund gab der Politik "eine erhebliche Mitverantwortung für eine zunehmende soziale Spaltung" der Gesellschaft. Es müsse deutlich mehr gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit in Deutschland getan werden, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Grüne, Linkspartei und Sozialverbände forderten eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II von 347 auf 420 Euro im Monat. (wl)