"Regra 34" gewinnt beim Locarno Filmfestival
Migration, Kolonialismus, Gender und der Klimawandel - das waren die Themen beim Locarno Filmfestival. Der goldene Leopard ging an einen brasilianischen Film.
Der Siegerfilm: "Regra 34"
Der Titel der brasilianisch-französischen Co-Produktion bezieht sich auf die sogenannte Regel 34, nach der im Internet zu allem, was dort existiert, pornografisches Material zu finden sei. Im Zentrum des Spielfilms von Júlia Murat steht eine Jura-Studentin. Sie lebt im Internet teils bizarre sexuelle Fantasien aus. Im internationalen Wettbewerb liefen 17 Filme aus aller Welt.
Lob für "Madar tamame rooz doa mikhanad"
Auch Deutschland kann einen Erfolg verbuchen: Im Experimentalfilm-Wettbewerb "Pardi di domani" ("Leoparden von morgen") bekam der Kurzspielfilm "Madar tamame rooz doa mikhanad" ("Mütter beten den ganzen Tag") von der aus dem Iran stammenden Berliner Filmemacherin und Grafikdesignerin Hoda Taheri eine lobende Erwähnung.
"Piaffe"
Leer aus ging der Film "Piaffe" von Ann Oren - ein Film über Kontrolle, Geschlecht und Täuschung. Nach dem Nervenzusammenbruch ihrer Schwester muss Eva ihren Job als Geräuschemacherin übernehmen. Während der Produktion für einen Werbespot beginnt ein Pferdeschweif aus ihrem Körper zu wachsen. Durch den Schweif gestärkt, beginnt sie eine Affäre mit einem Botaniker.
"The Hamlet-Syndrom"
Der Hauptpreis in der Festival-Sektion "Semaine de la critique" ("Woche der Kritik") ging an die polnisch-deutsche Co-Produktion "The Hamlet Syndrome". Ausgehend von Shakespeares Drama "Hamlet" zeichnet das Regie-Duo Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski das Porträt einer jungen Generation von Ukrainerinnen und Ukrainern, die ihr Land trotz der schwierigen Bedingungen positiv verändern wollen.
"Interdit aux chiens et aux Italiens" (Hunde und Italiener verboten)
Auch für Kinder war was dabei: Im Rahmen eines Vorfestivals lief Alain Ughettos Trickfilm "Interdit aux chiens et aux Italiens" gezeigt. Der Animationsfilm erzählt die Geschichte von Luigi Ughetto, der die Alpen überquert, um in Frankreich ein neues Leben zu beginnen. Sein Enkel Alain Ughetto, der Regisseur des Films, reist in die Vergangenheit und entdeckt die Geschichte der Familie wieder.
"Nação Valente" (Tommy Guns)
Dieser Film lief eben falls im Wettbewerb. Angola 1974: Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs in der damaligen portugiesischen Kolonie begegnet ein indigenes Mädchen einem portugiesischen Soldaten. In Carlos Conceiçãos Film "Nação Valente" wird das Mädchen mit der Liebe und dem Tod konfrontiert. "Der Film ist eine Reflexion über Geschichte, Krieg und Angst", sagt Regisseur Conceição.
"Matter Out of Place"
Hier geht es um Müllhalden in entlegenen Gebieten und die Menschen, die einen endlosen Kampf gegen den Müll führen. Der Dokumentarfilm folgt dem Müll auf der ganzen Welt und zeigt die Arbeit der Müllsammler und -entsorger. "Abfall ist ein Symbol dafür, wie sich die Menschheit entwickelt, nämlich viel langsamer, als es der technische Fortschritt erfordern würde", sagt Regisseur Nikolaus Geyrhalter.
"Ariyippu" (Erklärung)
Der erste Film, der in der indischen Malayalam-Sprache in Locarno lief, folgt einem Einwandererpaar aus Kerala, das in einer Fabrik für medizinische Handschuhe in der Nähe von Delhi arbeitet und von einem besseren Leben im Ausland träumt. Als ein altes Video im Corona-Lockdown unter den Fabrikarbeitern wieder auftaucht, wird eine Büchse der Pandora geöffnet.
"Balıqlara xütbə" (Predigt an den Fisch)
Davud kehrt aus dem Krieg zurück und muss feststellen, dass alle Menschen aus seinem Dorf an einer mysteriösen Krankheit gestorben sind. Auch seine Schwester, die einzige Überlebende, ist dem Tod geweiht. In dem Film des aserbaidschanischen Regisseurs Hilal Baydarov kämpft Davud mit seinen Erinnerungen an seine Zeit als Soldat und stellt sich die Frage: Ist Überleben dasselbe wie Leben?
"Before I Change My Mind"
Die Geschichte von Robin spielt 1987. Das androgyne Kind freundet sich in seiner neuen Schule ausgerechnet mit dem Schultyrannen an. "Als ich in den 1980er-Jahren ein Teenager in Kanada war, wurde ich oft gefragt, ob ich ein Junge oder ein Mädchen sei. Ich wünschte, ich hätte diese Frage unbeantwortet in der Luft hängen lassen können, so wie es Robin im Film tut", sagt Regisseur Trevor Anderson.
Adaption aus dem Englischen: Silke Wünsch (mit dpa). Diese Bildergalerie wurde am 14.8. aktualisiert.