Reinfall für Froome, Dumoulin siegt
4. Mai 2018Unter Verdacht und nach Tag 1 bereits gewaltig im Hintertreffen: Für Top-Favorit Christopher Froome war das Auftakt-Zeitfahren des 101. Giro d'Italia in Jerusalem ein kompletter Reinfall. Mit dem Handicap eines Sturzes bei der Streckenbesichtigung gestartet, verlor der Brite gleich wertvolle Zeit im Kampf um den Gesamterfolg. Ein Ausrufezeichen setzte hingegen Titelverteidiger Tom Dumoulin, der seinen vermeintlich größten Konkurrenten auf 37 Sekunden distanzieren konnte.
Mit verbissener Miene kämpfte sich Froome nach 9,7 Kilometern in der Nähe der berühmten Altstadt Jerusalems über die Ziellinie, aber seine krachende Niederlage war auch mit großem Einsatz nicht zu verhindern. Ohne Kommentar verschwand der viermalige Gewinner der Tour de France in Richtung Teamhotel.
Dumoulin mit perfektem Rennen, Schachmann bester Deutscher
Vorjahressieger Tom Dumoulin vom Team Sunweb dagegen legte ein nahezu perfektes Rennen hin und holte sich in 12:02 Minuten das erste "Maglia Rosa" knapp vor dem Australier Rohan Dennis (BMC Racing/zwei Sekunden Rückstand). "So habe ich es mir gewünscht. Ich wusste, dass ich bereit für den Giro bin. Der Kurs war ideal für mich", sagte Dumoulin nach dem Rennen.
Bester Deutscher war bei seiner Giro-Premiere der Berliner Max Schachmann (Quick Step-Floors/ 21 Sekunden Rückstand). Der 24-Jährige war zwischenzeitlich sogar auf Bestzeit-Kurs und bestätigte letztlich als Achter seine starken Eindrücke aus der bisherigen Saison. Er fuhr ins Trikot des besten Jungprofis. "Ich will es so lange wie möglich verteidigen", sagte Schachmann.
Martin fährt hinterher, Froome stürzt
Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin (Katusha-Alpecin/ 27 Sekunden Rückstand) hatte erwartungsgemäß keine Chance und belegte direkt hinter Schachmann Rang neun. "Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, gegen Ende ging es besser, aber ich bin nicht nur hier fürs Zeitfahren", sagte Martin, der im Vorfeld schon erklärt hatte, die Giro-Vorbereitung nicht auf den Prolog ausgerichtet zu haben und seine Ziele eher in der zweiten und dritten Woche zu suchen. Dennoch bestätigte der hügelige Kurs durch Jerusalem einmal mehr, dass Martins seine Parade-Disziplin nicht mehr dominiert. Verlierer des Tages war aber Froome auf Platz 21. Für ihn ist der dritte Triumph in Folge bei einer großen Rundfahrt nun ein sehr schwierigeres Unterfangen.
Für Froome hatte der Tag mit einem Malheur begonnen. Bei der Besichtigung der Strecke war der Sky-Kapitän in einer Rechtskurve gestürzt und hatte sich Abschürfungen zugezogen. Auf Bildern waren blutige Wunden an Knie, Hüfte und Ellbogen zu erkennen. Es werde ein "schmerzhaftes Zeitfahren", sagte Sky-Sportdirektor Nicolas Portal später. Ernsthafte Verletzungen bei seinem Kapitän, um den sich aufgrund seiner schwelenden Doping-Affäre ohnehin viel im Vorfeld des Giro-Auftakts gedreht hatte, seien aber ausgeblieben. Die Kritik an seiner Teilnahme trotz der seit acht Monaten ungeklärten Sachlage war ebenso reichlich wie die am Giro-Start in Israel generell. Gerade von palästinensischer Seite war der erste Beginn einer großen Rundfahrt außerhalb von Europa als reine Werbeveranstaltung bezeichnet worden.
dvo/ck (sid)