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Schengen gilt in 26 Staaten

Bernd Riegert7. März 2013

Rumänien und Bulgarien wollen die Kontrollen an den Grenzen zu anderen EU-Staaten abschaffen. Diese Vollmitgliedschaft im "Schengen-Raum" will Deutschland den Ländern aber noch verwehren. Was ist eigentlich "Schengen"?

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Archivbild: Grenze Bulgariens zur Türkei ddp images/AP Photo / Valentina Petrova)
Bild: AP

Schengen ist ein kleines Dorf in Luxemburg, in dem 1985 das erste Abkommen zwischen EU-Staaten zur Aufhebung der Grenzkontrollen an den gemeinsamen Grenzen geschlossen wurde. Seither ist der Schengen-Raum, also die Zahl der Länder, die diese Regeln anwenden, stetig gewachsen. Neben 22 EU-Mitgliedsstaaten gehören auch die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island dazu. Großbritannien und Irland wenden die Regeln über den Grenzverkehr ohne Kontrollen wegen ihrer Insellage nicht vollständig an. Zypern, Rumänien und Bulgarien sind in der Warteschlange. Zypern kann nicht teilnehmen, weil sein Nordteil von der Türkei besetzt gehalten wird. Rumänien und Bulgarien erfüllen nach Meinung einiger Länder, die bereits in der Schengen-Zone sind - darunter Deutschland - nicht die notwendigen Voraussetzungen, um die Grenzkontrollen zu den EU-Nachbarn abzuschaffen. Die EU-Innenminister haben an diesem Donnerstag (07.03.2013) in Brüssel über die Aufhebung der Grenzkontrollen zu Bulgarien und Rumänien beraten.

Wichtigstes Kriterium ist die Fähigkeit der Schengen-Staaten, ihre Außengrenzen zu den Nicht-EU-Staaten zu sichern, illegale Einreisen zu verhindern und Kriminalität zu unterbinden. Die EU-Kommission billigt Rumänien und Bulgarien diese Fähigkeiten nach einer mehrjährigen Übergangsfrist inzwischen zu. Deutschland und die Niederlande sind skeptisch und haben die Abschaffung der Grenzkontrollen mit den beiden Balkan-Staaten schon mehrfach verschoben.

--- DW-Grafik: Peter Steinmetz/Per Sander 2011_05_12_Schengener_Raum.psd

Bulgarien und Rumänien sind schon im "Schengen-Raum"

Um es richtig europäisch kompliziert zu machen: Mit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2007 sind Rumänien und Bulgarien juristisch schon dem Schengen-Raum beigetreten. Denn die ursprünglichen Regeln aus den alten Schengen-Verträgen sind mittlerweile Kernbestandteile des EU-Vertrags und Grundpfeiler des Binnenmarktes sowie der Freizügigkeit innerhalb der EU. Rumänien und Bulgarien haben sich zu einer Angleichung der Asyl- und Visumspolitik, verstärkter Kontrolle ihrer Außengrenzen, Verfolgung von Drogenkriminalität, Bekämpfung von Schmuggel und Menschenhandel verpflichtet. Außerdem sind sie Teil des "Schengen-Informations-Systems" (SIS), das Polizeibehörden in der EU den schnellen Zugriff auf Daten von Ein- und Ausreisen ermöglicht. Ein weiteres System zur elektronischen Erfassung von Visa-Daten und zur illegalen Ein- und Ausreise von Personen in den Schengen-Raum ist in Vorbereitung.

Die einzige Regel, die Bulgarien und Rumänien noch nicht anwenden dürfen, ist der Wegfall der Personenkontrollen an der Grenze, sozusagen das sichtbare Sahnehäubchen auf dem Schengenvertrag.

Ausnahmen für die Reisefreiheit ohne Kontrollen

Für EU-Bürger ist heute der freie Personenverkehr innerhalb des "Schengener Raumes" weitgehend verwirklicht. In Ausnahmefällen, zum Beispiel während internationaler Großveranstaltungen, können die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen vorübergehend wieder eingeführt werden. Dies geschah zum Beispiel bei Europa- und Weltmeisterschaften im Fußball, sowie im Vorfeld von G8- oder NATO-Gipfeln. Einige EU-Staaten unter Führung von Frankreich und Deutschland haben im Juni 2012 die Einführung von Grenzkontrollen durchgesetzt, wenn über einen EU-Außenstaat zu viele Flüchtlinge in den Schengen-Raum einreisen. Zuvor muss aber festgestellt werden, dass eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit vorliegt. Das krisengeschüttelte Griechenland ist nach Auffassung vieler Innenminister der EU nicht in der Lage, seine Außengrenze zur Türkei ausreichend zu sichern. Manche befürchten, dass über Bulgarien und Rumänien aus der Ukraine oder den westlichen Balkanstaaten illegale Einreisen zunehmen könnten. Denn wer einmal im Schengen-Raum ist, wird von keiner Binnengrenze mehr aufgehalten.

Spanische Polizei kontrolliert Autofahrer in Girona (Foto:Emilio Morenatti/AP/dapd).
Spanien führte 2011 Grenzkontrollen vorübergehend einBild: dapd

Der Versuch Dänemarks, dauerhaft wieder Zollkontrollen an den eigenen Grenzen zu installieren, wurde 2011 nach wenigen Monaten wieder aufgegeben. Die Erteilung von Visa für den "Schengen-Raum" ist auch Teil des Asylverfahrens in der Europäischen Union. Flüchtlinge und Asylbewerber erhalten meist nur die Aufenthaltsgenehmigung für das Einreiseland und können sich deshalb nicht überall in Europa frei bewegen.

Rumänen und Bulgaren haben heute bereits Reisefreiheit

Die Vermischung der Schengen-Problematik mit der Lage der Rumänen, die derzeit verstärkt nach Deutschland einwandern, ist nach Auffassung der grünen Europa-Abgeordneten Franziska Keller falsch. Sie erklärte in Brüssel, dass Roma, soweit sie rumänische Staatsbürger sind, bereits jetzt frei in der EU reisen und sich in vielen Staaten auch niederlassen könnten. Die Grenzkontrollen an den rumänischen Grenzen zu EU-Staaten seien kein Hindernis.

Der deutsche Innenminister, Hans-Peter Friedrich, sagte dagegen dem Magazin "Der Spiegel": "Wer aber nur kommt, um Sozialleistungen zu kassieren, und das Freizügigkeitsrecht missbraucht, der muss wirksam davon abgehalten werden." Solch vermuteter Missbrauch läßt sich mit der Aufrechterhaltung von Personenkontrollen an den Binnengrenzen aber kaum aufhalten, denn für EU-Bürger gilt Reisefreiheit. Das weiß auch Hans-Peter Friedrich und fordert deshalb, Roma, die bereits einmal aus Deutschland abgeschoben wurden, die Wiedereinreise zu verwehren. Das wäre dann ein tiefer Eingriff in die Freizügigkeit und die Schengen-Regeln insgesamt. Von 2014 an dürfen sich Rumänen und Bulgaren nach Ende einer Übergangsfrist frei in Deutschland und allen anderen EU-Staaten dauerhaft ansiedeln, sofern sie Arbeit haben oder studieren. Das wurde beim Beitritt der beiden Staaten 2007 so vereinbart.

Ein polnischer Grenzbeamter an der Grenze (Foto:dpa)
Bürger aus der Ukraine brauchen ein VisumBild: picture-alliance/dpa

In sämtliche Länder des Schengen-Raums kann man aus den größten Teilen Afrikas und Asiens nur mit einem speziellen Visum einreisen. Die Visumpflicht gilt auch für Russland und die Türkei. Ohne Visum können Nordamerikaner, die meisten Südamerikaner, Australier und Japaner für drei Monate einreisen. Bürger aus Staaten des westlichen Balkans können ebenfalls ohne Visum in die EU einreisen. Ausnahme: Bürger aus Kosovo, das nicht von allen EU-Staaten anerkannt wird.