Rendezvous in der Fußball-Provinz
1. August 2013Lange hatten sie beim BSV Schwarz-Weiß Rehden auf ein echtes Pokal-Heimspiel gehofft, in den eigenen Waldsportstätten mit ihren rund 4000 Steh- und 350 Sitzplätzen. Doch dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) war das dann doch etwas zuviel Fußball-Romantik für die DFB-Pokal-Erstrundenpartie des Titelverteidigers FC Bayern München, der beim niedersächsischen Provinzverein antritt. Vertreter des Regionalligisten Rehden zeigten sich überrascht von den "sehr hohen Anforderungen", die der DFB an die Infrastruktur der Gastgeber stellt. Die heimischen Waldsportstätten erfüllten diese nicht, daher empfängt Rehden den großen FC Bayern nun im 60 Kilometer entfernten Osnabrück. Die Begeisterung ist trotzdem riesig im kleinen Rehden, das nur 1850 Einwohner zählt. "Ich freue mich darauf, dass wir als kleiner Dorfverein gegen diesen großen Gegner spielen dürfen", sagt Friedrich Schilling, Präsident des BSV Schwarz-Weiß Rehden, der hofft, "das eine oder andere Wort mit den Vorstandskollegen von Bayern München" zu wechseln.
David besiegt Goliath manchmal tatsächlich
Das macht wohl die Faszination des DFB-Pokals aus. Jedes Jahr aufs Neue schenkt das Los kleinen Dorfvereinen ein Duell mit den Großen des deutschen Fußballs. Die Hand von Uli Hoeneß schütteln, so von Präsident zu Präsident, diesen Traum haben neben Friedrich Schilling mutmaßlich noch andere Funktionäre kleiner Fußballvereine. Und die Spieler? Die fiebern dem großen Tag schon lange entgegen. Das Duell mit Topstars wie Arjen Robben oder Bastian Schweinsteiger elektrisiert die Kicker des Viertligisten Rehden. "Ziel ist es, so wenig Gegentore wie möglich zu bekommen", formulierte es Torwart Milos Mandic vorsichtig und schob gleich die Frage nach: "Wenn ich keinen reinlasse, sind wir eine Runde weiter, oder?" Ja, das wären sie. Klingt unmöglich angesichts der Offensiv-Power der Bayern-Stars, ist es aber nicht. Schließlich schoss der Dorfverein Vestenbergsgreuth 1994 die Bayern mit einem 1:0 aus der 1. Runde des DFB-Pokals - und in der Elf der Bayern standen immerhin so große Namen wie Oliver Kahn oder Lothar Matthäus.
Auch Wilhelmshaven träumt vom Pokal-Coup
Auftrieb dürfte dem BSV Schwarz-Weiß Rehden ein 1:0-Testspielsieg gegen den SV Wilhelmshaven geben. Ausgerechnet Wilhelmshaven, der Herausforderer von Vize-Meister und Bayern-Konkurrent Borussia Dortmund. Dort will man sich bei aller offenkundigen Chancenlosigkeit das letzte Fünkchen Hoffnung nicht austreiben lassen. "Wir träumen und wollen uns so teuer wie möglich verkaufen", sagte Wilhelmshavens Trainer Farat Toku, der pikanterweise selbst Anhänger von Borussia Dortmund ist. Der BVB bewies zuletzt beim Super-Cup-Finalsieg gegen den FC Bayern München beeindruckende Frühform und marschierte bis auf eine Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach souverän durch die Vorbereitung. Zünden Reus, Aubameyang und Co. wieder ihr Offensiv-Feuerwerk, bleibt dem SV Wilhelmshaven wohl nur eine Zuschauer-Rolle.
Sechs Siege bis zum Pokal
Von vorneherein will die freilich keiner der 64 Teilnehmer annehmen, auch nicht die Neckarsulmer Sport-Union, als Sechstligist klassentiefster Starter, die es mit dem 1. FC Kaiserslautern zu tun bekommt. In der ersten Runde (vom 2. bis 5. August 2013) der 71. Saison des deutschen Pokalwettbewerbs gibt es diesmal kein Erstliga-Duell. Dafür aber viele vermeintliche Pflichtaufgaben für die Bundesligisten: Ob Bayer Leverkusen beim SV Lippstadt, 1899 Hoffenheim bei SG Aumund-Vegesack, FSV Mainz 05 beim Traditionsverein Fortuna Köln oder der FC Schalke 04 beim FC Nöttingen - die Topclubs können nur gewinnen oder sich blamieren. Und das geschieht eigentlich in ausnahmslos jeder Saison einem Bundesligisten, der den Wettbewerb vielleicht nicht mit dem nötigen Ernst angeht. Dabei winkt mit nur sechs Siegen ein prestigeträchtiger Pokal und die Teilnahme an der Europa League. So nah und doch so fern für Vereine wie den BSV Schwarz-Weiß Rehden.