Republik Moldau: Kleiner Staat mit großen Problemen
19. Juni 2022Die Republik Moldau ist ein kleines Land im Osten Europas. Sie hat eine Bevölkerung von weniger als drei Millionen Menschen, aber genau ist das schwer zu sagen. Die Zahl der Einwohner schwankt stark - geschätzt ein Drittel aller Moldauer und Moldauerinnen arbeitet aktuell im Ausland. Fest steht aber, dass die Republik Moldau seit Beginn des Krieges in der Ukraine mehr als 450.000 Flüchtlinge aufgenommen hat. Damit ist sie das Land, das im Verhältnis zur eigenen Größe die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufnahm.
Geschichte zwischen Rumänien und der Sowjetunion
Die heutige Republik Moldau entstand als unabhängiger Staat im Jahr 1991, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Die Landessprache ist Rumänisch. Der Fluss Pruth trennt die Republik Moldau von Rumänien im Westen. Bis zum Zweiten Weltkrieg gehörte ein Großteil der heutigen Moldau zu Rumänien. 1940 besetzte die Sowjetunion infolge des Hitler-Stalin-Pakts den Teil östlich des Pruth und gründete die Moldawische Sowjetrepublik, die bis 1991 existierte.
Die Mehrheit der Bevölkerung in der heutigen Republik Moldau sind rumänischer Abstammung. Damit haben sie ein Anrecht auf einen rumänischen Pass - ein Recht, von dem viele Moldauer und Moldauerinnen Gebrauch machen, schließlich werden sie damit EU-Bürger. Rumänien trat 2007 der EU bei. Wegen der weitreichenden Armut in der Republik Moldau arbeiten viele Menschen aus dem Land in der EU und schicken Geld an die Angehörigen in der Heimat.
Transnistrien - der eingefrorene Konflikt
Am östlichen Rande des Landes, dort, wo die Republik Moldau an die Ukraine grenzt, liegt die Separatistenregion Transnistrien. Nach einem kurzen militärischen Konflikt 1992 kam es zur Abspaltung. Die Separatisten wurden von russischen Truppen unterstützt. Auch heute sind noch rund 1500 russische Soldaten in der Region stationiert und führen dort regelmäßig Militärübungen durch.
Rund 60 Prozent der Bevölkerung in Transnistrien ist russischsprachig. Die Separatisten haben die Region Pridnestrowische Moldauische Republik getauft, aber kein einziges Land, nicht einmal Russland, erkennt sie als souveränen Staat an. Die anderen beiden offiziellen Sprachen der Region sind Rumänisch und Ukrainisch. Auch die Bevölkerung in der Region besteht hauptsächlich aus diesen drei ethnischen Gruppen. Die Anzahl der Menschen, die in Transnistrien leben, hat im Verlauf des "eingefrorenen Konflikts" abgenommen. Heute hat die Region noch schätzungsweise 460.000 Einwohner.
Die russischen Soldaten, die in der Region stationiert sind, sind ein Stein des Anstoßes für die Menschen in der Republik Moldau und für die Regierung in Chisinau. Die Besorgnis wächst, seitdem das russische Militär im aktuellen Krieg gegen die Ukraine verkündete, dass eine Kontrolle über den Süden der Ukraine russischen Truppen den Zugang zu Transnistrien ermöglichen würde, wo "die russischsprachige Bevölkerung unterdrückt wird," wie ein russischer Kommandant es ausdrückte.
Die Schweiz Osteuropas
1994, drei Jahre, nachdem die Republik Moldau unabhängig wurde, legte das Land seine Neutralität ausdrücklich in der Verfassung fest. Wie die Schweiz lehnt auch die Moldau es damit kategorisch ab, in internationalen Konflikten Partei zu ergreifen. Einige Experten spekulierten, dass hinter der Entscheidung die Hoffnung steckte, so die russischen Truppen in Transnistrien zum Abzug zu bewegen. Falls das tatsächlich der Plan war, ist er gescheitert.
Die Neutralität bedeutet auch, dass die Republik Moldau nicht Teil einer großen Allianz wie beispielsweise der NATO ist. Das kleine Land hat keine Sanktionen gegen Moskau verhängt, seitdem Russland in die Ukraine einmarschiert ist, aber die pro-europäische Präsidentin Maia Sandu, die den EU-Beitritt für ihr Land will, hat Russlands Verhalten verurteilt. Weiter wird wohl kein moldauisches Staatsoberhaupt gehen.
Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas und extrem abhängig von russischem Gas. Vor dem Hintergrund der Äußerungen über die "unterdrückten" russischsprachigen Einwohner und den Truppen, die noch immer in Transnistrien stationiert sind, fürchten viele Moldauer und Moldauerinnen, dass ein Sieg der russischen Invasoren in der Ukraine bedeuten könnte, dass der Kreml ihr Land als nächstes ins Auge fasst.