1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rettung für Zypern ist ein Tabubruch

Zhang Danhong18. März 2013

Das Hilfspaket für Zypern hat die Finanzmärkte nicht beruhigt. Im Gegenteil, weltweit sinken die Aktienkurse. Investoren sind verunsichert, da zum ersten Mal die Bankkunden an der Rettung eines Landes beteiligt werden.

https://p.dw.com/p/17zXe
Zyprische Eineuromünze
Bild: picture-alliance/Stephan Persch

Wenn es nach dem Willen der Euro-Finanzminister geht, dann sollen die zyprischen Bankkunden eine Sonderabgabe von 6,75 Prozent auf Guthaben bis 100.000 Euro und 9,9 Prozent auf höhere Beträge zahlen. Rund 5,8 Milliarden Euro sollen dadurch zusammenkommen, so dass die Rettungssumme auf unter zehn Milliarden Euro gedrückt werden kann.

Sparer sollen Zypern vor der Pleite retten

Dass Sparer quasi enteignet werden, hat heftige Kommentare in den Medien ausgelöst. Von einem Rechtsbruch ist die Rede. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, kann keinen Rechtsbruch sehen, jedoch einen Tabubruch, für den es gute Gründe gebe: "Denn wir wissen aus den Statistiken, dass ein sehr großer Teil der Bankeinlagen in Zypern aus dem Ausland kommt, insbesondere aus Russland." Von daher sei es richtig, die Anleger dort auch zu beteiligen, so Krämer im Gespräch mit der DW.

Der deutsche Wahlkampf und die Rettung Zyperns

Auch die Bundestagswahl im Herbst wirft ihren Schatten voraus. "Die Sozialdemokraten haben klar gemacht, dass sie kein Oligarchengeld mit Steuermitteln raushauen wollen", sagt Krämer mit Blick auf die Milliardeneinlagen aus Russland. Da die Bundesregierung bei der Abstimmung im Bundestag auf die Unterstützung der Opposition angewiesen ist, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble bei den Verhandlungen mit Nikosia auf die Beteiligung der Bankkunden gepocht und sich durchgesetzt.

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank (Foto: Commerzbank AG)
"Zypern-Rettung ist Tabubruch": Jörg KrämerBild: Commerzbank AG

Unpopulär war die Rettung der Mittelmeerinsel nicht nur in Deutschland. Auch in anderen Euroländern zweifelten Politiker und Ökonomen an der Systemrelevanz Zyperns für die Währungsunion. Insofern sei das ausgehandelte Paket ein Kompromiss, sagt Martin Faust von der Frankfurt School of Finance: "Man hat nach einer Lösung gesucht, die am Ende beiden Seiten hilft, die es Zypern ermöglicht, aus der Insolvenz herauszukommen und auf der anderen Seite auch eine Akzeptanz in den anderen Ländern findet."

Kleinanleger sollen ausgenommen werden

Allerdings kollidiert diese Kompromisslösung mit der so genannten Einlagensicherung. In der Europäischen Union wird nämlich jede Spareinlage bis 100.000 Euro komplett geschützt. "Hier besteht sicherlich ein Widerspruch zu dem, was wir jetzt mit Zypern machen", sagt Martin Faust im Interview mit der DW. Er plädiert dafür, Kleinanleger von der Abgabe auszunehmen.

Prof. Martin Faust von der Frankfurt School of Finance (Foto: Frankfurt School of Finance & Management)
"Kleinanleger verschonen": Martin FaustBild: Frankfurt School of Finance

Auch die Bundesregierung beharrt nicht auf einer Beteiligung von Kleinsparern an der Rettung Zyperns. Finanzminister Schäuble sagte in Berlin, die Belastung auch von Bankeinlagen mit weniger als 100.000 Euro Guthaben sei keine Erfindung der Bundesregierung. Wenn es zu einer anderen Lösung komme, würde die Bundesregierung damit "überhaupt kein Problem" haben. Allerdings müssten die Beträge zusammenkommen, die Gläubiger und Einleger der Banken zur Sanierung des Finanzsektors beisteuern müssten.

Mit anderen Worten, Anleger mit höheren Beträgen müssten einen höheren Satz zahlen. Darüber verhandelt gerade die zyprische Regierung mit den Geldgebern. Die Abstimmung im Parlament in Nikosia wurde auf Dienstag (19.03.2013) verschoben. Die Banken werden bis Donnerstag geschlossen bleiben, um einen massenhaften Ansturm zu vermeiden.

Wenig Ansteckungspotenzial

Vor einer Bedrohung für das Finanzsystem im gesamten Euro-Raum warnt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Der "Passauer Neuen Presse" sagte er: "Es besteht die Gefahr, dass die Sparer in anderen Ländern verunsichert werden und ihre Konten räumen." Davon geht Jörg Krämer von der Commerzbank nicht aus. Zwar gebe es eine gewisse Verunsicherung, "Ich glaube aber nicht, dass die Menschen in Italien, in Spanien in nennenswertem Stil Einlagen abheben werden, weil sie sich bewusst sind, dass Zypern ein absoluter Sonderfall ist."

Peter Bofinger, Professor an der Universität Würzburg und Wirtschaftsweise (Foto: dapd)
Vertrauen könnte erschüttert werden: Peter BofingerBild: dapd

Die lasche Geldwäscheregelung in Zypern und der völlig überdimensionierte Bankensektor mit hoher ausländischer Beteiligung seien in anderen Euroländern nicht vorzufinden, meint Krämer. Den zweiten Grund, warum es nicht zu einem Bankrun in anderen Peripherieländern kommt, sieht er in den Notkrediten, den so genannten ELA-Krediten von der Europäischen Zentralbank: "Die EZB würde den nationalen Zentralbanken erlauben, die ELA-Kredite zu aktivieren, so dass die Banken auch weniger werthaltige Assets als Sicherheit einliefern können, um an Liquidität zu kommen und um im Falle der Fälle auch die Anleger auszahlen zu können."