Rhetorische Aufrüstung
6. Februar 2003Donald Rumsfeld ist in den Vereinigten Staaten ein Medienstar. Bei seinen Pressekonferenzen herrscht immer Andrang und das nicht nur weil er der Verteidigungsminister einer militärischen Hypermacht ist, sondern weil er für seinen Witz, seine rhetorische Brillianz und seinen manchmal bösartigen Spott berühmt-berüchtigt ist. Erst vor wenigen Wochen hat sich der presbyterianische Kirchgänger schottischer Herkunft mit seiner Invektive vom alten Europa in Frankreich und Deutschland gehörig unbeliebt gemacht - jetzt hat er gleichsam nachgerüstet, indem er die Deutschen in ihrer Irakpolitik in einem Atemzug mit Libyen und Kuba genannt hat.
De facto hat Rumsfeld jedoch Recht. Nur wenige Staaten haben eine Unterstützung eines Krieges im Irak so kategorisch und von vornherein ausgeschlossen wie Deutschland. Auf nicht mehr und nicht weniger hat der amerikanische Verteidigungsminister hingewiesen. Dass wir nun in die geistige Nachbarschaft von Diktatoren gerückt werden hat Methode, schließlich suggerieren die Hardliner der Bush-Regierung schon lange, wir, die Deutschen, seien Saddams beste Verbündete in Europa.
Andererseits sollte man sich in Deutschland auch nicht zu sehr über die polemische Spitze aus dem Pentagon wundern. Auch unsere ehemalige Justizministerin, Frau Däubler-Gmelin, hat Präsident Bush nicht gerade mit Glacé-Handschuhen angefasst als sie seine Methoden mit denen Adolf Hitlers verglich. Außerdem ist Donald Rumsfeld nicht stellvertretend für die öffentliche Meinung in den USA.
Viele besonnene US-Senatoren sind sehr wohl an der deutschen Haltung in der Irakfrage interessiert und haben einige kritische Hinweise aus Richtung Deutschlands sogar für die inneramerikanische Diskussion aufgegriffen. Auch Außenminister Fischer bleibt ein geschätzter Gesprächspartner seines Amtskollegen Powell – das hat die Sondersitzung am letzten Mittwoch im Weltsicherheitsrat erneut gezeigt.
Dass man von Rumsfeld nicht unbedingt das gleiche diplomatische Fingerspitzengefühl erwarten kann, wie von dem Herren im State Department, sollte einleuchten. Im übrigen, wer Kritik austeilt, muss auch Kritik einstecken können. Was nötig tut ist eine inhaltlicher Dialog über das, was einen Krieg rechtfertigen könnte und die beste Methode zur Eindämmung Saddam Husseins. Das Gebot der Stunde sollte darüber hinaus rhetorische Abrüstung lauten – auf beiden Seiten des Atlantiks. Einen Krieg der Worte zusätzlich zum drohenden echten Krieg – können wir nun wirklich nicht gebrauchen.