Riad, Casablanca - und dann?
18. Mai 2003"Der internationale Terrorismus hat heute Nacht Casablanca angegriffen", sagte Marokkos Innenminister Moustafa Sahel in Rabat. Die Attentate trügen die gleiche Handschrift wie die Anschläge vier Tage zuvor in der saudischen Hauptstadt Riad, die dem Terror-Netzwerk El Kaida zugeschrieben wurden. Dort starben 34 Menschen.
Chaos, Entsetzen
Im Stadtzentrum Casablancas herrschte nach den Anschlägen Chaos und Entsetzen. Polizei und Rettungskräfte eilten zu den Anschlagsorten, an denen ausgebrannte Autowracks standen. Gäste eines Hotels rannten in Panik aus dem Aufzug. Leichenteile und Trümmer lagen herum. Bars und Restaurants schlossen umgehend. Es waren die blutigsten Terroranschläge in der Geschichte des nordafrikanischen Königreichs.
Beobachter schlossen einen Zusammenhang mit der Haltung Marokkos während des Irak-Krieges nicht aus. Marokko ist ein fester Verbündeter der USA. König Mohammed VI. hatte aber davor gewarnt, dass der Irak-Krieg den islamischen Fundamentalismus im Land schüren könnte. Im April waren wegen der Sorge vor muslimischen Fundamentalisten Kommunalwahlen verschoben worden.
Tote Attentäter
Unter den Toten in Casablanca seien auch zehn der mutmaßlichen Attentäter, sagte Sahel weiter. Es handele sich um Marokkaner. Drei Menschen seien festgenommen worden, unter ihnen ein verletzter Attentäter. Auch die meisten anderen Toten seien Marokkaner, es gebe aber auch ausländische Opfer. Deren Nationalität stand zunächst nicht fest. Auf Anordnung von König Mohammed VI. seien in Casablanca und Rabat Krisenstäbe eingerichtet worden.
Die Terroristen zündeten im Ausgeh- und Diplomatenviertel der Drei-Millionen-Metropole fast zeitgleich drei Autobomben. Drei Selbstmordattentäter hätten sich zudem in einem Restaurant des spanischen Kulturhauses "Casa Espana" in die Luft gesprengt. Allein dort habe es etwa 20 Tote gegeben. Die Explosionen trafen aber auch ein jüdisches Zentrum, das Konsulat Belgiens und ein Luxushotel, in dem ein Treffen amerikanischer und marokkanischer Experten über den Kampf gegen den Terrorismus stattgefunden hatte, wie es weiter hieß. Die Wucht der Detonationen brachte Fenster zum Bersten, beschädigte ganze Häuserfassaden und ließ Autos in Flammen aufgehen.
El Kaida
Neben der Amerika-Freundlichkeit der Regierung Marokkos sei auch ein Zusammenhang mit einem Prozess denkbar, bei dem im Februar in Casablanca drei saudische Staatsbürger wegen Zugehörigkeit zum Terrornetzwerk El Kaida von Osama bin Laden zu je zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden waren, hieß es. Fünf weitere Angeklagte waren zu Haftstrafen zwischen vier Monaten und einem Jahr verurteilt worden.
Die drei Saudis waren im Mai 2002 festgenommen worden. Ihnen wurde zur Last gelegt, eine Terrorzelle gebildet und Anschläge auf britische und amerikanische Kriegsschiffe in der Straße von Gibraltar geplant zu haben. Bei den Selbstmordattentaten sollten mit Sprengstoff beladene Schnellboote gegen die Schiffe gesteuert werden. Die USA hatten den Beitrag Marokkos im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ausdrücklich gelobt. (mas)