Richard Strauss und seine Zeitgenossen
Romantiker, Klangzauberer, Reaktionär, Opportunist, Selbstpropagandist? Noch heute gibt das Phänomen Richard Strauss viele Rätsel auf. Viele Dirigenten und Schriftsteller haben ihn kennengelernt und seinen Weg begleitet.
Der erste Mentor: Hermann Levi
1881 begegnet der 16 Jahre alte Richard Strauss dem Münchener Hofkapellmeister Hermann Levi. Er dirigiert Strauss' d-Moll-Symphonie und ist von dem jungen Genie begeistert: "Original und interessant. Aber gerade deshalb wird er es nicht leicht haben und es uns nicht leicht machen."
In der Lehre bei Hans von Bülow
1885 erhält der gerade 21 Jahre alte Strauss ein fantastisches Angebot: Hans von Bülow, Chef der Hofmusik in Meiningen, bietet ihm einen Assistenz-Job als Dirigent an. Schon beim Antrittskonzert lässt Strauss aufhorchen. Bülow sieht sich in seiner Wahl bestätigt: "Wenn er Lust hat, kann er mein Nachfolger werden."
Pauline
Während der Proben zu seiner ersten Oper "Guntram" lernt Strauss die Sopranistin Pauline de Ahna kennen und lieben. Für sie komponiert er seine Lieder; viele Opern-Partien sind ihr auf den Leib geschrieben. Als Strauss die Sängerin 1894 heiratet, widmet er ihr seine Lieder op. 27 "als Morgengabe".
"Tanz der sieben Schleier"
1905 wird die Uraufführung der Oper "Salome" zum Skandal-Erfolg: Solch eine Mischung aus Dekadenz, Erotik und Gewalt auf der Opernbühne, das hatte vor Strauss noch niemand gewagt. Ein "perverses Stück" wettern die Kritiker, das Publikum applaudiert, Strauss spricht von einem "kolossalen Erfolg".
Ernst von Schuchs "Zauberstab"
Einer der Väter des Erfolgs der "Salome" ist der Dirigent der Dresdner Oper, Ernst von Schuch. Er hatte schon 1901 Strauss' "Feuersnot" dirigiert. "Unter des genialen Schuch unermüdlichem Zauberstab", wie Strauss sagt, werden auch die nächsten Strauss-Opern uraufgeführt.
Geniales Paar: Strauss und Hugo von Hofmannsthal
Nachdem Strauss den Dichter Hugo von Hofmannsthal kennengelernt und die Aufführung von Hofmannsthals Theaterstück "Elektra" in Berlin gesehen hat, entwickeln beide Pläne für eine Zusammenarbeit. Erstes Projekt: "Elektra" als Oper. "Ihre Art entspricht so sehr der meinen, wir sind füreinander geboren“, schreibt Strauss an den Autor.
"Elektra" - kein Violinkonzert
Als erstes "Baby" von Strauss-Hofmannsthal, geht im Januar 1909 die "Elektra" über die Bühne in Dresden. Als "kakophonen Krach" bewertet die Kritik die expressionistischen Klänge. Strauss reagiert mit Humor: "Wenn oben auf der Bühne der Sohn die Mutter erschlägt, dann kann ich unten im Orchester kein Violinkonzert spielen lassen!"
Im "Rosenkavalier"-Fieber
1911 dirigiert Ernst von Schuch den "Rosenkavalier", die erfolgreichste Oper des Autoren-Gespanns Strauss-Hofmannsthal. Die Reichsbahn setzt Sonderzüge nach Dresden ein, in der Semperoper wird ein "Rosenkavalier"-Postamt eingerichtet und unter dem Namen “Rosenkavalier“ kommt eine neue Zigarettenmarke auf den Markt.
Strauss in Salzburg
Gemeinsam mit seinen Partnern und Freunden, dem Regisseur Max Reinhardt und dem Dichter Hugo von Hofmannsthal, initiert Strauss 1917 die Gründung der Salzburger Festspiele. 1922 dirigiert er zum ersten Mal im Großen Saal des Mozarteums. Solist des Konzerts: Der Geiger Joseph Szigeti.
Ein neuer Librettist: Stefan Zweig
Als Hugo von Hofmannsthal am 15. Juli 1929 stirbt, schreibt Strauss: "Noch nie hat ein Musiker einen solchen Helfer und Förderer gefunden - niemand wird ihn mir und der Musikwelt ersetzen!" 1931 nimmt Strauss Kontakt zum jüdisch stämmigen Dichter Stefan Zweig auf. Sie beschließen ein Opernprojekt: "Die schweigsame Frau".
Aufführungsverbot
Premierenfeier der Oper "Die schweigsame Frau" 1935, im nationalsozialistischen Deutschland. Weil Strauss veranlasst hat, dass der jüdische Textdichter Stefan Zweig auf dem Plakat genannt wird, schäumt Propagandaminister Goebbels: "Die Künstler sind doch politisch alle charakterlos. Von Goethe bis Strauss. Weg damit!" Jede weitere Aufführung der Oper wird von den Nationalsozialisten verboten.
Nazi-Propaganda
Nach der "Affäre Zweig" wird Strauss gezwungen, als Präsident der Reichsmusikkammer zurückzutreten. Strauss wird zur unerwünschten Person, seine Musik dient den Nazis aber auch weiterhin zur Propaganda. So wird 1938 die Reichstheaterwoche in der Wiener Staatsoper mit dem "Rosenkavalier" eröffnet. Ehrengast ist Joseph Goebbels (Bildmitte).
Trauer und Abschied
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges ist Strauss angesichts der menschlichen und kulturellen Verwüstungen "in verzweifelter Stimmung". Der 80-Jährige komponiert seine "Metamorphosen". Am Ende des Stückes zitiert Strauss das Trauermarschthema aus Beethovens "Eroica". In der Partitur notiert er: “In memoriam“ - den Millionen Toten des Zweiten Weltkrieges, möchte man hinzufügen.