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NGO: "Fossile Industrie soll für Klimakosten aufkommen"

Irene Quaile13. Juni 2014

Im Rahmen der UN-Klimagespräche in Bonn machte Julie-Anne Richards von der NGO "Climate Justice" einen gewagten Vorschlag: Die fossile Industrie soll für Schäden durch den Klimawandel bezahlen.

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Julie-Anne Richards Foto: DW/ Irene Quaile
Bild: DW/I. Quaile

DW: Ihr Diskussionspapier hat den Titel "Carbon majors funding Loss and Damage". Was bedeutet das?

Julie-Anne Richards: Seit Anfang der Industrialisierung sind die Produkte einiger großer Konzerne, vor allem der fossilen Industrie wie Chevron, Exxon Mobil, BP oder Shell für 63 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Das heißt, mehr als die Hälfte der Emissionen, die sich zurzeit in der Atmosphäre befinden, gehen auf 90 große Konzerne zurück. Dieser Ausstoß an Treibhausgasen hat zum Klimawandel geführt, den wir bereits spüren. Die Verluste und Schäden betreffen vor allem die ärmsten und verletzlichsten Menschen.

Es geht uns um Extremauswirkungen wie beispielsweise Taifun Hayan im vergangenen Jahr. Dabei sind mehr als 6000 Menschen in den Philippinen gestorben, 4 Millionen wurden obdachlos, es gab Schäden von mehr als 2 Milliarden Dollar. Wir schlagen vor, dass die Verursacherfirmen, die große Gewinne vom Verkauf der fossilen Energien erzielt haben, in den neuen UN-Mechanismus für Verluste und Schäden einzahlen sollen. Damit hätten die Betroffenen Geld, um mit den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels fertig zu werden.

Wie soll das praktisch funktionieren?

Wir visieren eine internationale Vereinbarung auf Regierungsebene an. Es gibt Präzedenzfälle in anderen Sektoren. Nehmen Sie Öl- oder Nuklearunfälle. Wir müssten die erfolgreichsten Prinzipien solcher Vereinbarungen nehmen und sie auf den Klimawandel anwenden. Die Regierungen überwachen bereits, wie viel Kohle oder Öl gefördert wird, damit sie die Firmen besteuern können. Sie könnten einfach eine zusätzliche Abgabe einführen, die sie dann an die UN für den Verlust- und Schädensmechanismus weiterleiten.

Sieht das Internationale Recht so etwas vor?

In der Tat. Es gibt die Prinzipien "keine Gefährdung" und das Verursacherprinzip "der Verschmutzer zahlt". Es ist ganz einfach: Wenn Sie durch Verschmutzung irgendwo einen Schaden verursachen, müssen Sie zahlen. Nur beim Klimawandel funktioniert das noch nicht. Die großen Erzeuger der fossilen Energien erzielen riesige Gewinne. Ihre Produkte führen zum Klimawandel, der die Ärmsten, die sich am wenigsten schützen können, am schlimmsten trifft. Das Prinzip des internationalen Rechts soll in solchen Fällen für einen Ausgleich sorgen.

Demo für erneuerbare Energien in Bonn 06.06.2014 Klimakonferenz Foto: B.Arnold/Greenpeace
Vor dem Verhandlungsgebäude in Bonn demonstrierten Nichtregierungsorganisationen für die Energiewende.Bild: B. Arnold/Greenpeace

Wie hat die Industrie auf Ihren Vorschlag reagiert?

Wir sind damit gerade an die Öffentlichkeit gegangen. Es ist ein Diskussionspapier und wir hoffen, dass sich viele einbringen werden. Für uns wäre es sehr wichtig, die Idee in die neue Klimavereinbarung einzubringen, die 2015 in Paris beschlossen werden soll. Wir haben also noch anderthalb Jahre, um die Details auszuarbeiten. Wir freuen uns sehr darauf, das Thema mit den Energiegiganten zu diskutieren. Bis jetzt haben sie sich dazu noch wenig geäußert.

Mit wem sprechen Sie in Bonn, um die Idee voranzutreiben?

Mit einer ganzen Reihe von Ländern und Organisationen. Die Philippinen sind starke Unterstützer. Wir haben es auch Yeb Sano von den Philippinen zu verdanken, dass die Vereinbarung über Schäden und Verluste letztes Jahr in Warschau überhaupt verabschiedet wurde. Seine passionierten Appelle nach der Verwüstung durch Taifun Hayan hat Bewegung in die Sache gebracht. Wir reden aber auch mit anderen, zum Beispiel mit Nichtregierungsorganisationen, die auf diesem Gebiet arbeiten. Wir brauchen Vorschläge für die Modalitäten. Noch haben wir nicht für jede Frage eine Antwort.

Ihre Organisation hat ihren Sitz in Australien. Das Land spürt den Klimawandel bereits massiv. Die Regierung nimmt das aber nicht ernst. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Der Vorschlag ist für Australien sehr relevant. Unsere Regierung versucht gerade, gute Klimaschutzgesetze ihres Vorgänger wieder zu kippen. Wir wollen klar stellen, dass die fossile Industrie für den Klimawandel verantwortlich ist und dass die ärmsten Länder am härtesten betroffen sind. Das heißt, diese Industrie steht rechtlich und moralisch in der Verantwortung, für die Schäden durch ihre Produkte zu zahlen. Unser Vorschlag könnte das bewerkstelligen. Und indem wir ganz klar stellen, dass diese Industrie für den Klimawandel verantwortlich ist, möchten wir eine klare Trennung zwischen der fossilen Industrie und den Regierungen der Welt herbeiführen - auch in Australien. Diese Industrie hat viel zu viel Einfluss, das wollen wir beenden.

Julie-Anne Richards ist International Policy Manager von "Climate Justice", einer Organisation, die das Internationale Recht für die Klimagerechtigkeit einsetzen möchte.

Das Interview führte Irene Quaile.