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Richter will Mediation in Glyphosat-Prozess

12. April 2019

Hunderte Klagen gegen den Chemiekonzern Bayer in den USA sollen nach dem Willen des Richters in einen Vergleich münden. Bayer folgt zunächst dem Ruf des Richters, will aber seine Glyphosat-Produkte weiter verteidigen.

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Symbolbild: Monsanto RoundUp
Glyphosat kommt auf vielen europäischen Feldern zum Einsatz - wie hier in FrankreichBild: Getty Images/AFP/J.-F. Monier

Der Richter, der in den USA einen Großteil der Klagen gegen den deutschen Bayer-Konzern verhandelt, hat beide Seiten zu einer außergerichtlichen Einigung aufgefordert. Bereits angesetzte Prozesstermine im kalifornischen San Francisco ließ Vince Chhabria laut einer Mitteilung an die Prozessbeteiligten vorerst streichen. Wenn beide Seiten kein Übereinkommen erzielen, wolle er einen Vermittler gerichtlich bestellen. In der vergangenen Woche war bereits spekuliert worden, dass Chhabria eine Mediation anstreben wolle. Bayer ist seit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto im vergangenen Sommer dessen Rechtsnachfolger. Die meisten Klagen beziehen sich auf das Monsanto-Produkt "Roundup".

"Wir werden selbstverständlich dem Beschluss des Gerichts hinsichtlich des Eintritts in eine Mediation Folge leisten", sagte Bayer-Sprecher Rolf Ackermann. Allerdings seien die Verfahren noch in einer frühen Phase, zumal in noch keinem Fall die Berufung durchlaufen worden sei. Bayer konzentriere sich weiterhin darauf, seine Glyphosat-Produkte vor Gericht zu verteidigen.

11.200 Klagen wegen Glyphosat

Bei Chhabria laufen mehrere Hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern zusammen, die sich mit der möglicherweise Krebs begünstigenden Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat befassen. Insgesamt waren im Januar rund 11.200 Klagen gegen Bayer anhängig, Analysten rechnen damit, dass deren Zahl auf mindestens 15.000 anwachsen könnte.

Symbolbild: Monsanto RoundUp
Der Zukauf des "Roundup"-Herstellers Monsanto könnte Bayer teuer zu stehen kommenBild: Getty Images/AFP/J. Edelson

Angesichts der Vielzahl an Klagen bezweifelte der Commerzbank-Analyst Daniel Wendorff, dass der Leverkusener Chemiekonzern sich schon jetzt auf einen Vergleich einlassen würde. Schließlich würde mit einer Einigung in Kalifornien ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich Glyphosat-Gegner berufen könnten.

Niederlagen vor Gericht

Chhabria hatte als Vorsitzender Richter in einem richtungweisenden Fall am Bundesbezirksgericht in San Francisco Bayer bereits eine Niederlage beigebracht. Seine Jury urteilte, dass Monsanto für Krebsrisiken des Mittels "Roundup" haftbar ist und dem 70-jährigen Kläger Edwin Hardeman Schadenersatz in Höhe von 80,3 Millionen US-Dollar (71,4 Millionen Euro) zahlen muss. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Prozess gegen Monsanto mit einer Millionenzahlung geendet. Bayer beteuert weiterhin die gesundheitliche Unbedenklichkeit seines Unkrautvernichters und geht gegen die Urteile vor.

Am Donnerstag kam in Frankreich eine weitere Schlappe hinzu: Ein Kassationsgericht in Lyon sah die Verantwortung für eine Vergiftung eines westfranzösischen Bauern bei Monsanto und somit beim jetzigen Eigentümer Bayer. Der Mann hatte 2004 das inzwischen verbotene Pflanzengift "Lasso" verwendet. In einem separaten Verfahren will der Mann eine Entschädigung erzwingen.

Die Folgen der Monsanto-Übernahme setzen Bayer damit weiter unter Druck: Seit August 2018 ist der Börsenwert um fast 31 auf etwa 56,6 Milliarden Euro geschrumpft. Für die Übernahme von Monsanto hatte Bayer gut 63 Milliarden Dollar (heute rund 55,7 Milliarden Euro) berappt. Konzernchef Werner Baumann muss sich wohl auf eine ungemütliche Hauptversammlung Ende April einstellen. Erst vor wenigen Tagen sind Pläne durchgesickert, 12.000 der weltweit 118.000 Stellen zu streichen - davon 4500 in Deutschland.

ehl/kle (dpa, afp, rtr)