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In Sri Lanka wird ein neues Parlament gewählt

Katja Keppner17. August 2015

Sri Lanka erwartet gespannt das Ergebnis der Parlamentswahlen. Im Rennen um den Posten des Premierministers ist auch Ex-Präsident Mahindra Rajapaksa. Sein Nachfolger will dessen politisches Comeback unbedingt verhindern.

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Wähler stehen vor Wahllokal in Colombo an, Polizist passt auf (Foto: Buddhika Weerasinghe/Getty Images)
Bild: Getty Images/B. Weerasinghe

"Ja, wir haben Angst. Wenn das alte Regime zurückkommt, kann alles passieren", erklärt eine Frau vor einem der zwölftausend Wahllokale, in denen am Montag in Sri Lanka gewählt wurde. Das Enkelkind an der einen Hand, hebt sie die andere an den Hals und deutet mit einer Bewegung von links nach rechts an, was sie damit meint. Ihren Namen will sie auch deshalb nicht verraten. Sie werde den Tag mit Spannung verfolgen, sagt sie und läuft ins Wahllokal.

Es befindet sich in einem Viertel in der Hauptstadt Colombo, in der vor allem Muslime leben. Nach den Tamilen bilden sie die größte Minderheit im Land. Im Gegensatz zur singhalesisch-buddhistischen Mehrheit, zu der auch Ex-Präsident Mahinda Rajapaksa gehört. "Ein Sri Lanka frei von Korruption und ein Leben in Freiheit." Davon sprechen die meisten am Morgen dieser Wahl, die entweder einen Neuanfang bedeuten oder die Vergangenheit zurück auf die Agenda holen könnte.

Porträt Mahinda Rajapaksa (Foto: K. Keppner/DW)
Ex-Präsident Mahinda Rajapaksa will auf dem Umweg der Parlamentswahlen zurück an die MachtBild: DW/K. Keppner

"Der Westen soll sich raushalten"

Ein paar Tage zuvor warten mehr als 50 Frauen mit ihren Kindern im Schneidersitz in der Halle des Abayarama-Tempels auf den Mann, der für die Vergangenheit steht. Mahinda Rajapaksa will sich von den Frauen nach buddhistischer Tradition den Kiriamma-Segen holen, für einen erfolgreichen letzten Tag des Wahlkampfes. Gleich gibt es Tee und Reisgebäck, denn es ist noch früh am Morgen.

In traditioneller weißer Robe tritt der Ex-Präsident aus dem Gebetsraum und entdeckt die Journalisten aus dem Ausland. Sein Van mit getönten Scheiben steht bereit zur Abfahrt. Rakapakse bleibt kurz stehen und erklärt, dass die Menschen ihn täglich angesprochen und ihn gedrängt hätten, zur Wahl anzutreten. Allein das sei der Grund dafür, dass er sich aufstellen ließ. All die Spekulationen, er verspreche sich von einem politischen Comeback der juristischen Verfolgung der zahlreichen Korruptionsvorwürfe gegen ihn und seine Familie zu entgehen, seien Unsinn.

"Vor allem, wenn Sie aus Deutschland sind, weiß ich sofort, was Sie mich fragen wollen", erklärt er. "Das Ausland sollte sich nicht in unsere Politik einmischen. Lassen Sie unser Volk entscheiden und mischen Sie sich nicht ein." Dass sich der Westen einmischt, war Rajapakse während seiner gesamten Amtszeit ein Dorn im Auge. Westliche Journalisten oder Kritiker des Regimes wurden entweder erst gar nicht ins Land gelassen oder mundtot gemacht.

Anhänger des amtierenden Premiers Ranil Wickremesinghe in Colombo (Foto: K. Keppner/DW)
Anhänger des amtierenden Premiers Ranil WickremesingheBild: DW/K. Keppner

Das Erbe des Bürgerkrieges

Plötzlich erhebt eine Frau aus der Mitte der Menschentraube, die sich mittlerweile um den Politiker gebildet hat, ihre Stimme; sie gehört zu den Müttern, die zuvor den Segen gespendet hatten: "Es gab keine Menschenrechtsverletzungen, wir leben hier in Frieden zusammen. Rajapaksa muss gewinnen, sonst kommen die Terroristen zurück!"

Mit den Terroristen meint Dushati Hapugoda die tamilischen Rebellen der LTTE. Rajapaksa hatte im Jahr 2009, inmitten seiner zehnjährigen Präsidentschaft, mit einer massiven Militäroperation den Krieg gegen die LTTE beendet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind dabei alleine in den letzten Kriegsmonaten 40.000 Zivilisten ums Leben gekommen, vor allem auf tamilischer Seite. Der Norden der Insel ist auch noch sechs Jahre nach Beendigung des Bürgerkrieges tief gezeichnet von den Folgen des Krieges. Noch immer werden zehntausende Menschen vermisst. Auch die neue Regierung hat noch keine genauen Angaben über deren Verbleib gemacht. Gespannt wartet man auf den Bericht des UN-Menschenrechtsausschusses, der Ende September Details über Kriegsverbrechen auf beiden Seiten öffentlich machen wird.

Fest steht: Mahinda Rajapaksa gilt in den Augen der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit als der Präsident, der das Land in den Frieden geführt hat. Siegessicher hatte er auch deshalb vorgezogene Präsidentschaftswahlen am 8. Januar eingeläutet. Doch Rajapaksa verlor völlig überraschend gegen seinen Parteifreund Maithripala Sirisena. Der hatte sich im November plötzlich gegen den alten Weggefährten gestellt und ein großes Oppositionsbündnis hinter sich gebracht. Es sei an der Zeit gewesen, Rajapaksas System aus Vetternwirtschaft und Korruption zu stoppen, hieß es damals von Sirisena. Die Regierung, die nun seit Januar im Amt ist, gilt als gerechter und demokratischer. Sie setzt auf Versöhnung und demokratische Öffnung.

Bodenpersonal am Megaprojekt Mattala Rajapakse International Airport ohne Fluggäste (Foto: K. Keppner/DW)
Das Bodenpersonal am Megaprojekt Mattala Rajapakse International Airport hat unter Präsident Sirisena viel FreizeitBild: DW/K. Keppner

Ein Flughafen, in dem bald Reis lagern könnte

Die neue Richtung, die Sirisena für Sri Lanka einschlägt, lässt sich vor allem an einigen Großprojekten studieren, die der Vorgänger in seinem Heimatbezirk Hambantuta im Süden der Insel auf den Weg gebracht hatte. Zum Beispiel der "Mattala Rajapakse International Airport". Dorthin führen 24 Kilometer frischgeteerte Autobahn von der Stadt Hambatota, vorbei an Feldern und Straßenhunden, auch vor wilden Elefanten wird auf Schildern gewarnt. Prächtige Marmorsäulen zieren die Auffahrt des Flughafens.

Doch die mehrere Meter hohe Buddhastatue in der Eingangshalle gepaart mit Loungemusik zieht heute vor allem neugierige Besucher an. Hunderte kämen hier manchmal vorbei, erzählt einer der Sicherheitskräfte. Fluggäste gibt es seit Januar kaum noch.

Die neue Regierung unter Sirisena entzog kurz nach ihrer Amtsübernahme die Erlaubnis für sechs der sieben Flüge, die täglich über Colombo in die arabische Welt und nach China gingen. Aus China soll auch ein Großteil der über 200 Millionen US-Dollar gekommen sein, die der Flughafen gekostet hat. Die neue Regierung entzog die Flugerlaubnis mit der Begründung, der Flughafen sei nicht rentabel gewesen. Nun wird laut darüber nachgedacht, in den Hallen Reis zu lagern. Bis auf weiteres fliegt eine Airline einmal pro Tag nach Dubai.

Glaubt man den letzten Umfragen, ist es unwahrscheinlich, dass Mahinda Rajapakse es schafft, Premierminister zu werden. Dennoch rechnen Beobachter fest mit seinem Einzug ins Parlament. Wahlentscheidend könnten am Ende auch kleinere Parteien und die Wahlentscheidung der Minderheiten werden.