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Der Poker beginnt

Daphne Grathwohl5. Februar 2013

Stabile Energieversorgung, zuverlässige Transportwege, schnelles Internet: Das sind zentrale Ziele des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU-Kommission. Nun beginnt der Poker mit den Mitgliedsländern.

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Strommasten stehen in Heidelberg vor bewoelktem Himmel (Foto: Alex Domanski/dapd)
Deutschland Energie StrommastenBild: dapd

Es geht um rund eine Billion Euro und darum, wer sie einzahlt und wohin sie fließt. Den ersten Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen - das Budget der EU für die Jahre 2014 bis 2020 - muss die EU-Kommission vorlegen. Ausgewiesen sind darin bekannte Posten wie Landwirtschaft, Regionalförderung oder Beschäftigung. Im aktuellen Vorschlag der Kommission sind aber auch einige besondere Projekte vorgesehen. So zum Beispiel die Connecting Europe Facility (CEF).

Die CEF ist ein 40 Milliarden Euro schwerer Fonds, aus dem vor allem  Energie- und Transportnetze finanziert werden sollen - und schnelle Breitbandnetze, um auch in abgelegenen Gebieten Europas einen schnellen Internetzugang zu gewährleisten. Es geht um Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Wachstum für Europa, argumentiert Ryan Heath, Sprecher von EU-Kommissarin Neelie Kroes, zuständig für die so genannte Digitale Agenda.

Wachstum und Wettbewerb für Europa

"In China haben 36 Millionen Haushalte einen schnellen Breitbandanschluss bekommen - im letzten Jahr. Das ist mehr als alle neuen Verbindungen in ganz Europa", erklärt Heath wenige Tage vor dem entscheidenden EU-Gipfel. Die CEF ermögliche den nationalen Regierungen der EU, zu günstigen Konditionen jeden EU-Bürger mit dem Internet zu verbinden: "Wir reden dabei über Kredite, die von der Europäischen Investitionsbank gedeckt sind. Langfristig bekommen die Regierungen das Geld also zurück - mit Zinsen. Es ist also weder ein Geschenk noch ein Blankoscheck, sondern es fließt den Steuerzahlern wieder zu und es schafft einen essentiellen Dienst."

Der RJ45-Stecker eines Netzwerkkabels (Foto: David Ebener dpa)
Internet für alle EuropäerBild: picture-alliance/dpa

Aus dem Energie-Ressort von EU-Kommissar Günther Oettinger, das ebenfalls Projekte mit den Geldern aus der Connecting Europe Facility (CEF) finanzieren will, geht die Planung auch ohne den verabschiedeten Mehrjährigen Finanzrahmen weiter. Denn wenn man Projekte erst dann aussucht, wenn das Geld vorhanden ist, fördert man nicht vor dem Jahr 2015, heißt es aus dem Energie-Ressort. Bis Ende 2013 soll es eine Projektliste geben, sodass man - mit CEF - ab 2014 mit der Co-Finanzierung beginnen kann. 9,1 Milliarden Euro sind im ursprünglichen EU-Kommissionsvorschlag für den Bereich Energienetze vorgesehen. Weniger Geld bedeutet eben weniger Projekte. Denn ob am Ende wirklich so viel zur Verfügung steht, hängt von den Verhandlungen auf dem EU-Gipfel ab.

Denn der Europäische Rat, das Gremium der Staats- und Regierungschefs, muss über den Vorschlag der EU-Kommission verhandeln und ihn - in gegebenenfalls abgewandelter Form - verabschieden. Auch die Zustimmung des EU-Parlaments ist notwendig. Ein erster Anlauf scheiterte im November 2012, als die EU-Staats- und Regierungschefs sich nicht auf einen Kompromiss für den Mehrjährigen Finanzrahmen einigen konnten. Den Nettozahler-Staaten, also denen, die in die gemeinsame EU-Kasse mehr einzahlen als sie herausbekommen, war der ursprüngliche Kommissionsvorschlag auch nach einigen Kürzungen noch zu teuer.

EU-Kommissar Günther Oettinger (Foto: GEORGES GOBET/AFP/Getty Images)
Mehr Geld für sichere Energieversorgung - EU-Kommissar OettingerBild: AFP/Getty Images

Wer zahlt wie viel?

Der Haushalt der EU wird aus verschiedenen Töpfen finanziert: Zum einen aus den traditionellen Eigenmitteln, zum Beispiel Zöllen, sowie aus Mehrwertsteuer-Eigenmittel. Der mittlerweile weitaus größte Betrag, mit dem der EU-Haushalt finanziert wird, setzt sich allerdings aus den genannten BNE-Eigenmitteln zusammen: Beträge, die jedes Mitgliedsland nach einem bestimmten Prozentsatz auf der Grundlage seines Bruttonationaleinkommens bezahlt.

EU-Kommissarin Neelie Kroes (Foto: GEORGES GOBET/AFP/Getty Images)
Mehr Geld für hochkarätige Forschung - EU-Kommissarin Neelie KroesBild: GEORGES GOBET/AFP/Getty Images

Der Mehrjährige Finanzrahmen ist kein EU-Haushalt über sieben Jahre, sondern er legt die Obergrenzen in den Politikbereichen für einen bestimmten Zeitraum fest. Eine langfristige Finanzplanung ist bei kostspieligen Infrastrukturprojekten wie im Bereich Transport oder Energie essentiell. Auch in der Forschung müssen Wissenschaftler von einer sicheren Finanzierung ausgehen können, betont Kommissionssprecher Ryan Heath: "Nur dann können die Forscher mögliche Risiken auf sich nehmen, um die beste Forschung durchzuführen und darauf vertrauen, dass sie ihre Arbeit zu Ende bringen können."

Forschung braucht sichere Finanzierung

Heath stellt das EU-Forschungsförderungs-Projekt Horizon 2020 heraus - mehr als 80 Milliarden Euro sei es schwer und jeden Cent wert, erklärt er. Nur mit solchen Programmen könne die EU in der Forschung wettbewerbsfähig sein, sagt der Kommissionssprecher und verweist auf zwei große EU-Forschungsprojekte, die gerade in der vergangen Woche vorgestellt wurden: "Das eine betrifft ein erstaunliches Material mit dem Namen Graphene, das leichteste und stärkste Material, das die Menschheit bisher kennt. Und das andere betrifft die Simulation des menschlichen Gehirns, die dabei hilft, viele Krankheiten zu behandeln. Derartige Arbeit wird gefährdet, wenn wir keine langfristige Finanzierung für solche Projekte haben."

Es sei kurzsichtig, nur die Ausgaben zu sehen, so Heath: "Die Botschaft für Staaten wie Großbritannien oder Deutschland wäre, dass man mehr herausbekommt, als man hineingesteckt hat - im Forschungsbudget. Großbritannien ist zum Beispiel einer der größten, wenn nicht der größte Profiteure des Forschungsbudgets. Wenn man also weniger Geld reinsteckt, bekommt man auch weniger zurück. Das klingt meines Erachtens nicht sehr vernünftig."

Wo setzt der Rotstift an?

Doch es geht nicht nur darum, wer wieviel einzahlt. Es geht auch darum, wohin das Geld fließt. Der Posten Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ist traditionell der größte und im derzeitigen Kommissionsvorschlag mit mehr 380 Milliarden veranschlagt. Den Etat für die Landwirtschaft wird Frankreich aller Voraussicht nach verteidigen, ebenso wie die südlichen EU-Länder die Regionalförderung nicht beschneiden wollen.

Wird also der Rotstift an den Fonds für Forschung und Vernetzung angesetzt? Ryan Heath wiegelt ab: "Natürlich ist es naiv zu glauben, dass der Haushalt, den die Kommission vorschlägt, so angenommen wird. Wir wissen, dass es Änderungen in den Zahlen geben wird. Denn natürlich gibt es das beschriebene Konkurrenzdenken."

Trotzdem glauben Beobachter, dass am Ende dieser Woche der Finanzrahmen für den EU-Haushalt 2014 bis 2020 stehen wird. Janis Emmanouilidis vom Brüsseler Think Tank European Policy Center sieht das sehr optimistisch: "Es wird ein langes Ringen geben, ohne Frage - aber am Ende eben auch eine Einigung."