Rio will London toppen
14. August 2012Leidenschaft und Wandel, "Paixão e Transformação", lautet das oberste Versprechen Rio de Janeiros an die Welt. Wenn in vier Jahren die Athleten in der Stadt am Zuckerhut um die olympischen Medaillen kämpfen, wollen die brasilianischen Ausrichter noch bessere Spiele bieten als London. Ein hehres Ziel, denn die britische Hauptstadt hat die Messlatte sehr hoch gelegt.
Eduardo Paes, Bürgermeister von Rio de Janeiro, gab sich am letzten Olympiatag in London gegenüber der BBC zuversichtlich, dass die ersten Olympischen Spiele in Südamerika zu einem großen Erfolg werden. "Es werden Spiele großer Veränderung, im Leben und der Geschichte Rios, aber vor allem wird es ein tolles Fest. Die Briten haben sehr gut vorgelegt und es wird nicht einfach für uns das zu toppen, aber wir müssen es noch besser machen."
Tatsächlich befindet man sich in einer komfortablen Lage. Ausstehende Projekte müssen nicht alleine von den Organisatoren der Olympischen Spiele gestemmt werden, sondern halten erst einmal die Ausrichter der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien in Atem. Vor allem die Bereiche Sicherheit, Transport und Unterbringung der Besucher und Teilnehmer gelten als große Herausforderungen.
Nach Angaben des Organisationskomitees existieren 47 Prozent aller Sportanlagen in Rio bereits. Agostinho Guerreiro, Präsident des Architekten- und Ingenieur-Verbandes (CREA) in Rio de Janeiro, gibt zu bedenken, dass das nicht allzu wörtlich zu verstehen sei: "Damit ist vielmehr gemeint, dass zwischen 40 und 50 Prozent der Projekte im vorgegebenen Zeitplan sind. Viele stammen aus dem Jahr 2007, als schon die Panamerikanischen Spiele in Rio stattgefunden haben. Doch nicht alle entsprechen den IOC-Normen wie beispielsweise das Velodrom, eine Hallenradrennbahn."
Es gibt noch keine Entscheidung darüber, ob sie abgerissen oder modernisiert werden soll. Das Organisationskomitee ist für einen Neubau, Eduardo Paes dagegen. Auch das Olympische Stadion "Joao Havelange" sorgt für Diskussionen. Seit offiziell bekannt geworden ist, dass der Namensgeber in den Korruptionsskandal des Weltfußballverbandes FIFA verstrickt war, möchten viele Brasilianer einen anderen Namen für die Leichtathletik-Arena.
Befreiung der Favelas
Ein Problem, das vor allem international stark beobachtet wird, ist die Sicherheit in Rio de Janeiro. Kein anderer Bereich hat im Vorfeld der Vorbereitungen für so viel Aufsehen gesorgt. Bilder von Panzern und Soldaten in Rios Armenvierteln, den so genannten Favelas, gingen im vergangenen Jahr um die ganze Welt. Das Vorgehen gehört zum so genannten "Befreiungsplan" des Sicherheitssekretärs von Rio, José Beltrame. Er will bis 2014 hundert der insgesamt über 1000 Favelas der Stadt aus den Händen der Drogenbosse befreien.
Eine extra dafür geschaffene Polizeieinheit, die so genannte UPP (Unidade da Polícia Pacificadora) sorgt zum jetzigen Zeitpunkt bereits in über 40 dieser Viertel für Sicherheit. Sogar Touristen können sich dort mittlerweile völlig gefahrlos bewegen. Kritiker verweisen auf die Zeit nach den Olympischen Spielen. Sie befürchten, dass die UPP dann wieder abgezogen wird und es daher keine langfristige Lösung darstellt.
Erhebliche Zeitersparnis
Eine Lösung muss auch für die Verkehrsproblematik her. "Rios Infrastruktur ist nicht so gut wie die von London", räumte Paes ein, "aber wir sind dabei sie aufzubauen." Das Metro-Netz der brasilianischen Metropole umfasst gerade mal 42 Kilometer und ist schon jetzt zur Rushhour überlastet. Nur 18 Prozent der Bevölkerung nutzen derzeit den öffentlichen Nahverkehr in Rio. Nach den Spielen sollen es 60 Prozent sein. Anders als in London setzt man in Rio de Janeiro deshalb vor allem auf ein Schnellbussystem. Nicht länger als 25 Minuten soll es für die Athleten dauern, um von ihrem Quartier zur Sportstätte zu gelangen. Das versprechen jedenfalls die Organisatoren.
Doch es gibt bereits Einschränkungen: 30 Prozent der Teilnehmer werden doppelt so lange für eine Wegstrecke einplanen müssen. Daran ändern auch die Schnellbusse nichts. Verbessert haben sie aber schon jetzt die Situation für viele Menschen aus den ärmeren Bevölkerungsschichten im Westen Rios. Dort haben die Busse ihren Betrieb nämlich schon aufgenommen und bescheren eine erhebliche Zeitersparnis auf dem Weg zur Arbeit in den wohlhabenden Stadtvierteln Barra da Tijuca und Recreio. Die Hälfte aller Wettkämpfe sollen hier stattfinden, die andere Hälfte in den Stadtteilen Deodoro, Copacabana und Maracanã verteilen. Dort planen die Brasilianer inspiriert von London Sportanlagen auf Zeit. Sieben Wettkampfstätten werden nach den Spielen einfach wieder abgebaut. Das soll die Entstehung von so genannten "weißen Elefanten" verhindern, Gebäuden, die nach der Veranstaltung leer stehen und Kosten verursachen.
Wohin mit den Gästen?
Auch die Problematik der unzureichenden Bettenkapazität in Rio soll mobil gelöst werden. 2009, zum Zeitpunkt der Olympiabewerbung, gab es lediglich 20.000 Hotelzimmer, bis 2016 sollen es 40.000 sein. Allerdings kamen durchschnittlich bisher pro Jahr nur 1000 Zimmer hinzu. Statt also ausschließlich neue Hotels zu bauen, wird der Hafen modernisiert, so dass dort auch Kreuzfahrtschiffe anlegen können, die dann schwimmende Hotels sein sollen. Für Agostinho Guerreiro ist dies eine der wichtigsten Errungenschaften: “Ursprünglich sollten die Spiele hauptsächlich in Barra da Tijuca stattfinden, im Süden der Stadt. Nach Verhandlungen hat man sich dann entschieden, die Hafengegend im Zentrum mit neuem Leben zu erfüllen. Das wertet dieses heruntergekommene Viertel wieder stark auf."
Aufwerten will man auch den internationalen Flughafen von Rio, Galeão. Die Gebäude aus den 1950er und 70er Jahren sind dringend renovierungsbedürftig, und das bei steigendem Passagieraufkommen. Die Regierung denkt deshalb darüber nach, den Flughafen zu privatisieren. Damit würde Rio den Beispielen von São Paulo und der Hauptstadt Brasília folgen und nicht zuletzt auch dem Beispiel Londons.