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Ritter und Medienprofi: Maximilian I.

Vera Kern11. April 2014

Geschickter Stratege und Meister der Selbstinszenierung. Kaiser Maximilian I. wusste, wie man sich vermarktet. Eine Ausstellung zeigt nun: Er war weit mehr als nur ein exzentrischer Ritter.

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Ausstellung Kaiser Maximilian I. - Der letzte Ritter und das höfische Turnier
Bild: Kunsthistorisches Museum Wien

Wie komme ich besonders gut rüber? Wie kann ich meinen Einfluss vergrößern? Und: Wie erreiche ich möglichst viele Menschen? Marketingfragen, die sich jeder Politiker heute stellt. Und die sich auch Kaiser Maximilian I. vor fast 500 Jahren stellt. Wie man das Rampenlicht gezielt auf sich richtet, weiß er ganz genau. Er nutzt die modernsten Kommunikationsmittel seiner Zeit, um seine Message zu lancieren: Buchdruck und Holzschnitt. An der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit ist er Bewahrer der mittelalterlichen Ideale und moderner Reformer zugleich. Dem Hause Habsburg verhilft er somit zur Weltgeltung.

Ganz Medienprofi weiß Maximilian, dass in der Öffentlichkeit auch der Hipness-Faktor zählt. Seine spitz zulaufenden Schuhe sind der neueste Chic: Stolz posiert er damit in seiner blitzblank polierten Ritterrüstung. Denn Kaiser Maximilian I. hat ein feines Gespür für Imagepflege. Als glänzender Herrscher will er in die Geschichte eingehen. Die topmodischen Schnabelschuhe sind da ein passendes Repräsentationsgewand.

Wie gekonnt er sich in Szene zu setzen weiß, zeigt nun eine Sonderausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Mit etwa 150 Original-Exponaten hat Maximilian hier auch exakt 495 Jahre nach seinem Tod 1519 einen großen Auftritt: Waffen, Rüstungen, Abbildungen von Ritterabenteuern, hochstilisierte Heldengemälde, zusammen fabulierte Triumphzüge - Es dürfte ganz nach seinem Geschmack sein.

Porträt von Kaiser Maximilian I. (Copyright: Kunsthistorisches Museum Wien)
Porträt von Kaiser Maximilian I.Bild: Kunsthistorisches Museum Wien

Das Tamtam der Turniere

Denn Maximilian I., als Spross der Habsburgerdynastie 1459 in Wien geboren, liebt die Show und den Trubel um seine Person. Sein Lebensziel: Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu werden - und einen festen Platz in der Nachwelt zu ergattern. Geschickt fädelt er beides ein.

Wichtiges Mittel dazu: die mit viel Tamtam inszenierten Turniere. Wenn Maximilian einlädt, kommt jeder Adlige, der etwas auf sich hält. Ritterspiele sind DIE Events des ausgehenden Mittelalters: bunt, spektakulär, rauschhaft. Maximilian ist selbst ein leidenschaftlicher Turnierreiter. Regelmäßig veranstaltet er diese öffentlichkeitswirksamen Spektakel.

Davon zeugt auch heute noch das Turnierbuch "Freydal", das in der Ausstellung erstmals öffentlich zu sehen ist. In 264 Minitaturen stilisiert sich Maximilian alias Freydal zum Superritter. Es ist eine Mischung aus Autobiografie und Heldengeschichte. Die bunten, teilweise goldverzierten Bilder erzählen von den ritterlichen Minnefahrten des tapferen Jünglings Freydal und von prächtigen "Mummereyen" - ausschweifende Maskenbälle als krönender Abschluss jedes Turniers.

Mehr als Sport und Spaß

Doch Turniere sind weit mehr als reine Sportveranstaltungen. "Sie dienen auch als politisches Instrument", so Matthias Pfaffenbichler, Kurator der Ausstellung und Sammlungsdirektor im Kunsthistorischen Museum Wien. Junge, aufstrebende Turnierreiter wollen sich dort beweisen, ältere sich vernetzen. Väter halten Ausschau nach potenziellen Heiratskandidaten für ihre Töchter. "Turniere sind auch Jobbörse und Heiratsmarkt", so Pfaffenbichler.

Dr. Matthias Pfaffenbichler (Rechte: Dr. Matthias Pfaffenbichler)
Dr. Matthias PfaffenbichlerBild: rem/Carolin Breckle

Mit den Ritterspielen will Maximilian I. zudem seine Herrschaft legitimieren. Er lädt Adlige ein, schafft ein denkwürdiges Turnierfest - und stärkt so das Wir-Gefühl. Denn das Habsburger Reich ist heterogen und Maximilian muss sich seinen Adel gewogen halten. Turniere sind da ein geschickter Schachzug: Er kann sich selbst als großzügigen Gönner feiern lassen - und nebenbei Politik betreiben.

Chronisch pleite

Diese prunkvollen Turnierfeste sind jedoch teuer. Und mit Geld kann Maximilian nicht umgehen: Seine Finanzpolitik ist katastrophal, mit den Jahren häuft er einen riesigen Schuldenberg an: fünf Millionen Gulden, etwa das Zwanzigfache seines Jahreseinkommens. Deshalb pumpt er Jakob Fugger an, den reichen Augsburger Financier. Trotzdem muss er so manchen Eroberungszug abbrechen, weil ihm schlicht das Geld ausgeht.

Daher eine weitere Strategie zur Machterweiterung: geschickte Heiratspolitik. Seinen Sohn Philipp verheiratet er mit Spanien. Die Enkel mit Ungarn und Böhmen. Maximilians eigene Frau ist Maria von Burgund - sie heiraten aus Liebe. Aber auch, weil sich die Habsburgerdynastie so in Richtung Frankreich ausdehnen kann. Nach dem Tod Marias ehelicht Maximilian eine italienische Adlige - politisches Kalkül und ihre hohe Mitgift dürften für das Ja-Wort gesprochen haben.

Das Who-is-who der Mittelalterkunst

Imposante Gemälde, prächtige Turnierbücher: Kunst und Politik hängen im ausgehenden 15. Jahrhundert eng zusammen. "Die Bilder sind nicht als Deko für Wohnzimmerwände entstanden, sondern um eine klare politische Funktion zu erfüllen", betont Hans-Jürgen Buderer, Direktor für Kunst- und Kulturgeschichte an den Reiss-Engelhorn-Museen. Tatsächlich gibt Kaiser Maximilian I. seine Werke ganz gezielt in Auftrag.

Ausschnitt einer Minitatur aus dem Turnierbuch "Freydal", einer Art Autobiografie Kaiser Maximilians I. (1459-1519) (Copyright: Kunsthistorisches Museum Wien)
Ausschnitt einer Minitatur aus dem Turnierbuch "Freydal", einer Art Autobiografie Kaiser Maximilians I. (1459-1519)Bild: Kunsthistorisches Museum Wien

Heute liest sich die Liste der Maler wie das Who-is-who der Mittelalter-Avantgarde: Albrecht Dürer und Albrecht Altdorfer, Hans Holbein der Ältere und Bernhard Strigel. "Er war ein Förderer der Künste, aber er hat das primär aus propagandistischen Gründen gemacht", so Kurator Pfaffenbichler. Es geht dabei stets um gut inszenierte Selbstdarstellung.

Als "letzter Ritter" wird Maximilian zwar erst posthum im 19. Jahrhundert in romantisch verklärten Gedichten verehrt. Seinen Lebenstraum vom ewigen Ruhm hat er da aber längst erreicht. "Er hat sehr erfolgreich für seinen Nachruhm gesorgt", so Maximilian-Experte Pfaffenbichler. Die Medienstrategie Maximilians geht also auf.