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Politik

RKI: Corona noch lange nicht unter Kontrolle

5. Februar 2021

Trotz Erfolgen bei der Corona-Bekämpfung sehen Bundesregierung und Robert-Koch-Institut keinen Anlass zur Entspannung. Besorgniserregend sei vor allem die Ausbreitung einer Virus-Variante.

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Lothar Wieler (l.), Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) und Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister sitzen nebeneinander bei einer Pressekonferenz
RKI-Präsident Lothar Wieler (l.) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sind besorgt über die Ausbreitung der britischen Corona-MutationBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Vor neuen Beratungen von Bund und Ländern über den Lockdown in Deutschland hat Gesundheitsminister Jens Spahn Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie betont. Erstmals seit dem 4. November gebe es wieder weniger als 200.000 aktive Corona-Infektionsfälle. Die Sieben-Tage-Inzidenz sei unter 80 gesunken. "Wir sind auf dem Weg raus aus der Pandemie", sagte Spahn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, in Berlin.

Virus-Varianten bereiten sich in Deutschland aus

Zugleich warnte Spahn vor zu schnellen Lockerungen. Zwar sinke die Zahl der Neuinfektionen, doch noch nicht stark genug, so Spahn. Das mühsam Erreichte dürfe jetzt nicht leichtfertig verspielt werden. Wieler verwies auf die weiter sehr stark belasteten Intensivstationen. Zudem gebe es weiterhin Ausbrüche in Altenheimen und viele Todesfälle, mahnte der RKI-Chef.

Warnung vor Lockerungen

"Die Situation ist noch lange nicht unter Kontrolle", betonte Wieler. Insbesondere die Ausbreitung von Virus-Mutationen könnte die Pandemie-Bekämpfung erschweren. Die drei bislang in Deutschland nachgewiesenen Varianten – die britische, die südafrikanische und brasilianische - dominierten das Geschehen noch nicht. Wie in anderen europäischen Ländern sei aber damit zu rechnen, dass sich die Mutanten weiter ausbreiten.

SARS-CoV-2 durch britische Variante gefährlicher

Sorge bereitet dem RKI insbesondere die zuerst in Großbritannien nachgewiesene Mutation B.1.1.7. Sie sei ansteckender als bisherigen Formen des Virus, und es gebe erste Hinweise, dass sie auch zu schwereren COVID-19-Erkrankungen führe, so Wieler. Derzeit habe die Variante B.1.1.7. eine Verbreitung von etwa sechs Prozent in Deutschland erreicht und sei in 13 der 16 Bundesländern nachgewiesen worden. Mit der Varianten sei SARS-CoV-2 "insgesamt gefährlicher worden", sagte Wieler: "Das Virus ist noch nicht müde, im Gegenteil, es hat gerade nochmal einen Boost bekommen."

Es müsse jetzt darum gehen, die Ausbreitung der bekannten Virusvarianten zumindest zu verlangsamen und zu verhindern, dass neue Varianten entstehen, betonte Wieler. Medizinische Schutzmasken noch viel mehr zu tragen sei dafür ein wichtiger Punkt. Nach Einschätzung des RKI-Präsidenten, nehmen weiterhin zu viele Menschen das Coronavirus nicht ernst genug und entscheiden sich beispielsweise bewusst dagegen, Schutzmasken zu tragen. Es sei aber wichtig, dass alle verstünden, dass das Virus "in unserem Land und in der ganzen Welt wirklich eine schreckliche Spur hinterlassen hat".

Impfstoffe auch bei Varianten wirksam

Zur Frage der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Varianten sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, es gebe "Hinweise, dass man mit der UK-Variante ganz gut fertig werden kann, mit der Südafrika- und Brasilien-Variante schwerer". Das breite Impfen insgesamt helfe aber auch gegen die Varianten.

Corona-Impfungen laufen schleppend

"Durch den Einsatz dieser Impfstoffe haben wir wirklich gemeinsam die Chance, die Pandemie wirksam zu begrenzen", sagte Spahn. Inzwischen seien knapp drei Millionen Impfdosen verabreicht worden, mehr als 800.000 Bürger hätten schon die zweite Impfdosis erhalten. Fast 80 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen haben bereits eine erste Impfung bekommen. Rund um das Ende des ersten Quartals herum sollten die Menschen aus der ersten Impfgruppe, die Über-80-Jährigen und die Menschen in den Pflegeheimen, geimpft sein.

Spahn: Richtigen Weg bei Lockerungen wählen

Mit Verweis auf die Bund-Länder-Beratungen in der kommenden Woche sagte Spahn, dass es jetzt darum gehe, mit Augenmaß "den richtigen Weg mit der richtigen Geschwindigkeit aus dem Stillstand zu finden". Dabei verwies er auf die Entwicklung in Portugal und Irland, wo nach Lockerungen die Virus-Varianten wieder zu einem drastischen Anstieg der Neuinfektionen geführt habe.

Portugal im Ausnahmezustand

Sobald geöffnet werden könne, solle dies zuerst bei Kitas und Schulen geschehen, betonte Spahn. Der Bundesgesundheitsminister äußerte Verständnis für die Ungeduld der Menschen nach fast zwei Monaten harter Einschränkungen in Deutschland. Der jüngste ARD-Deutschlandtrend zeigte ein wachsende Kritik am Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung. "Auch ich bin diese Pandemie leid", sagte Spahn. Doch noch lägen harte Wochen vor den Menschen. 

Inzidenz in Deutschland sinkt auf knapp unter 80

Nach Angaben des RKI vom Freitagmorgen haben die Gesundheitsämter für die zurückliegenden 24 Stunden 12.908 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit dem Virus gestorben sind, stieg um 855 auf 60.597.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, die angibt, wie viele Menschen sich binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner mit dem Virus angesteckt haben, sank bundesweit auf 79,9 - bei starken regionalen Schwankungen. Ziel der Politik ist eine Inzidenz von unter 50, damit die Gesundheitsämter Infektionsketten wieder nachverfolgen können.

ww/qu (dpa, afp, rtr, epd)