Bayern gewinnt den DFB-Pokal
17. Mai 2014Der Mann des Spiels, das schien schon lange vor dem Anpfiff festzustehen, sollte Dortmunds Torjäger Robert Lewandowski sein, so dachten jedenfalls viele Fans und Beobachter. Doch es sollte anders kommen: Lewandowski hatte in seinem letzten Spiel für seinen alten Verein – und das auch noch gegen seinen neuen Arbeitgeber, Bayern München - seine erste Strafraumszene erst in der 45. Minute. Doch er verzog den Schuss, der Ball ging weit übers Tor.
Bayern-Coach Pep Guardiola hatte seine Elf mit einer Dreierreihe aufs Feld geschickt und seinen verlängerten Arm auf dem Spielfeld, Kapitän und Rechtsverteidiger Philipp Lahm, ins Mittelfeld beordert. Für den kurzfristig verletzten Linksverteidiger David Alaba kam der junge Pierre-Emile Højbjerg im rechten Mittelfeld und Ersatz-Rechtsverteidiger Rafinha links zum Einsatz.
Erst die kam Feuerwehr, dann der Mannschaftsarzt
Mit dem Anpfiff legten die Bayern los wie die Feuerwehr – mit für sie unter Guardiola untypischem steilen Direktspiel in die Spitze. Das Resultat: zwei Chancen für Thomas Müller und Arjen Robben. In der Folge versuchte sich Dortmund zu befreien und das Spiel zu beruhigen, ohne rechten Erfolg. In dieser Phase musste Bayern-Kapitän Philipp Lahm das Feld verlassen: Eine Blessur am Fuß zwang ihn zum Ausscheiden (30.), der angeschlagene und nicht vollständig genesene Franzose Franck Ribery ersetze ihn.
In der Folge verflachte das Spiel, die Bayern nahmen wieder ihr inzwischen übliches Ballbesitzspiel auf und spielten nur noch zweimal in die Spitze, Dortmund fand aber trotzdem nicht zu seinem Spiel. Die magere Ausbeute war eine Weitschussgelegenheit für Bayerns Højbjerg und die eingangs erwähnte einzige schwarz-gelbe Chance durch Robert Lewandowski.
Ein Tor, das keines sein durfte
Die zweite Hälfte begann, wie die erste geendet hatte: Ereignisarm mit optischen Vorteilen für die Bayern, die nur eine einzige Chance verzeichneten: Müller scheiterte nach Ribery-Flanke am besten Borussen: Keeper Roman Weidenfeller. Doch nach rund einer Stunde Spielzeit wurden die Westfalen besser. Die Bayern-Spieler merkten das schon, bevor es die Zuschauer sahen: Das faire, aber farblose Spiel machten drei Bayern-Spieler bunter, in dem sie sich je eine gelbe Karte abholten.
Den größten Aufreger des Spiels sahen die 76.000 im ausverkauften Berliner Olympiastadion in der 64. Minute: Unübersichtliche Szene vor Bayern-Keeper Manuel Neuer, Lewandowski verlängert auf Mats Hummels und der erzielt mit dem Kopf ein Tor - Bayern-Verteidiger Dante hatte offensichtlich erst hinter der Linie geklärt. Schiedsrichter Florian Meyer sah das aber anders und ließ weiterspielen. Eine Minute darauf rammte Rafinha am eigenen Fünfmeter-Raum einen Dortmunder um - der Pfiff blieb aus, kein Elfmeter.
Spannung erst nach einer Stunde
Die letzte halbe Stunde der Spielzeit entschädigte die Zuschauer für viel Leerlauf im mit so großen Erwartungen befrachteten Endspiel, die Chancen häuften sich: Hüben wie drüben standen die Torleute im Blickpunkt – besonders Dortmunds Weidenfeller erwies sich dabei als großer Rückhalt für sein Team.
In der 83. Minute brachte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp seinen schnellsten Angreifer, Pierre-Emerick Aubameyang, ihm musste Milos Jojic weichen. Das war der Zeitpunkt, als sich alle Akteure bereits auf eine immer wahrscheinlicher werdende Verlängerung einstellten: Die Aktionen wurden zurückhaltender, der Ball lief auf beiden Seiten etwas langsamer. Und tatsächlich: Trainer und Akteure hatten das richtige Gefühl gehabt, nach 90 Minuten stand es immer noch torlos unentschieden, es wurde um eine halbe Stunde verlängert.
Mit leeren Tanks, aber trotzdem Vollgas
Die Verlängerung beginnen die Westfalen, wie die Bayern die erste Hälfte begonnen hatten, mit vollem Tempo nach vorn nämlich. In der 91. Minute verliert Toni Kroos den Ball, der gelangt zu Pierre-Emerick Aubameyang, der nur denkbar knapp am Bayern-Tor vorbeischießt. Eine Minute später muss Manuel Neuer an der Außenlinie vor Lewandowski klären, dabei stürzt er und verletzt sich an der Schulter, kann aber weiterspielen. Die Spannung steigt zusehends, Schiedsrichter Meyer muss eindringlich auf Bayern-Trainer Pep Guardiola einreden, um ihn zu Mäßigung zu mahnen.
In der 102. Minute muss der junge Højbjerg von Wadenkrämpfen geplagt Routinier Daniel van Buyten weichen. Die Bayern können in dieser Phase des Spiels den Dortmundern nicht viel entgegensetzen, die zwar auch keine Chancen mehr herausspielen, aber sicher stehen. Allerdings regt sich jetzt auch Jürgen Klopp über ein taktisches Foul der Bayern so sehr auf, dass Schiedsrichter Meyer sich auch des Dortmunder Trainers annehmen muss, um ihn zu beruhigen.
Robben, immer wieder Robben
Die Entscheidung dann in der 107. Minute – erst kann Dortmunds Weidenfeller noch gegen Robben klären, der Ball aber kommt, von Boateng zurückerkämpft, wieder zum Niederländer, der dann aus kürzester Distanz Weidenfeller keine Chance lässt: Die erste Chance der Bayern nach einer halben Ewigkeit bringt das 1:0. Direkt anschließend kommt der Peruaner Claudio Pizarro bei den Bayern für den völlig erschöpften Franck Ribbery – ein neuer Stürmer also, aber es ist Dortmund, das jetzt alles nach vorn werfen muss.
Das eröffnet den Bayern aber Möglichkeiten: Robben nach einer Ecke an den kurzen Pfosten - Weidenfeller wäre machtlos gewesen. Egal aus Sicht der Westfalen: nur noch acht Minuten! 115. Minute: Weidenfeller klärt gegen den durchgebrochenen Robben, aber weiter geht's. Dortmund drückt, kann sich aber keine Einschussmöglichkeit erspielen. Noch fünf Minuten! Sekunden später geht ein Freistoß von Reus aus großer Distanz knapp vorbei. Noch vier Minuten!
Am Ende ein Drama
Am Ende der Verlängerung gibt der Schiedsrichter noch etwas drauf: Vier Minuten Nachspielzeit. Und gleich eine Chance für Dortmund: Reus verfehlt das Gehäuse der Bayern mit einem fulminanten Schuss nur ganz knapp. Jetzt sind es wirklich nur noch drei Minuten!
Eineinhalb Minuten vor dem Abpfiff aber die Entscheidung: Thomas Müller ist allein durch, lässt Marcel Schmeltzer hinter sich, verlädt Roman Weidenfeller und erzielt das 2:0. Müller, wegen Wadenkrämpfen humpelnd, mit den letzten Tropfen Benzin im Tank sozusagen, versetzt den Dortmundern den endgültigen Knockout.
Das erste Tor aber hatte Robben erzielt. Ausgerechnet Arjen Robben! Schon das Champions-League-Finale im vergangenen Jahr hatte der Niederländer gegen die Dortmunder entschieden, auch heute war er der Matchwinner. Und auch der Mann des Spiels, und nicht, wie von vielen gedacht, der Dortmunder Stürmer Robert Lewandowski. Der wird es aber vielleicht verschmerzen können: Er hat zwar das Finale verloren, spielt aber in der kommenden Saison beim Pokalsieger: dem FC Bayern München.