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Robin Hood: Der Rächer der Beleidigten

13. Mai 2010

Ein beleidigter Kulturminister, Kritik aus Algerien und ein zu staatsnaher Russe: Aufregung gab es genug vor dem Festival in Cannes. Immerhin konnte der Eröffnungsfilm "Robin Hood" die Wogen ein wenig glätten.

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Szene aus Robin Hood (Foto: Universal)
Er sollte die Wogen glätten: Robin Hood alias Russell CroweBild: UNIVERSAL PICTURES INTERNATIONAL FRANCE

Mit "Robin Hood" als Eröffnungsfilm haben die Festivalmacher in Cannes dieses Jahr auf Nummer Sicher gesetzt: Die Hauptfigur ist durch diverse Vorläuferfilme bestens bekannt. Und die Besetzung mit Russell Crowe (Gladiator) und Cate Blanchet so hochkarätig, dass auf dem Roten Teppich für genug Glamour gesorgt war. Auch wenn Regisseur Ridley Scott im Vorfeld stets betonte, ihm ginge es in seiner Version der Robin-Hood-Legende um ein Porträt einer von Instabilität und Unsicherheit gezeichneten Epoche, erwies sich das Ergebnis auf der Leinwand doch als völlig unverfänglich und gänzlich ohne brisante aktuelle Bezüge.

Außerhalb des Gesetzes (Foto: Studiocanal)
Der Film "Außerhalb des Gesetzes" thematisiert die französisch-algerischen Auseinandersetzungen nach dem Zweiten Weltkrieg - anti-französisch, findet ein AbgeordneterBild: Studiocanal

Und das Konzept der sicheren Nummer ging am Eröffnungsabend auch tatsächlich auf: begeistert war das Publikum zwar nicht, aber Robin Hood wurde immerhin freundlich aufgenommen.

Scotts Film erzählt die "Vorgeschichte" Robin Hoods, der wesentlich an der Zurückschlagung einer vom französischen Thron geplanten Invasion beteiligt ist. Auf die Frage an die Macher, was es für ein Gefühl sei, das französische Festival mit einem Film zu eröffnen, in dem die Franzosen die Bösewichte darstellen, lachten Produzent Brian Grazer und seine Hauptdarsteller herzlich. Die Engländer kämen eigentlich noch viel schlechter weg, fand Cate Blanchet. Ganz zufrieden war sie mit ihrer Rolle aber offenbar nicht: "Ich wollte immer lieber Robin Hood sein als Maid Marian", sagte sie. "Genauso war sie im Film", erwiderte Crowe. "Gib uns Deine Lederhosen, Russell", habe sie bei den Dreharbeiten immer wieder gesagt.

Mini-Tsunami und Ärger mit Flaggen

"Robin Hood" war damit geradezu ideal geeignet, die entstandenen Wogen zu glätten. Denn davon gab es dieses Jahr mehr als sonst. Nicht nur eine tatsächliche in Form des Mini-Tsunami, der eine Woche vor Festivalbeginn an die 20 Strandrestaurants der Stadt an der Cote d'Azur verwüstete. Gleich zwei Filme im geplanten Programm schlugen Wellen bis in die hohe Politik.

Der eine, "Hors la loi", (Außerhalb des Gesetzes) des französischen Regisseurs Rachid Bouchareb, läuft im Wettbewerb unter algerischer Flagge und thematisiert die französisch- algerischen Auseinandersetzungen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Ein Abgeordneter der französischen Regierungspartei UMP, Lionel Luca, stempelte den Film als "anti-französisch" ab - allerdings ohne ihn gesehen zu haben.

Italien zittert (Foto: Wild Bunch)
Nicht alles ist sauber gelaufen beim Wiederaufbau in L'Aquila, prangert der italienische Beitrag "Italien zittert" anBild: Wild bunch

Anti-italienisch und pro-russisch

Und dann gab es ja noch den italienischen Dokumentarfilm "Draquila – Italy trembles". Den Film der italienischen Parodistin und bekennenden Berlusconi-Gegnerin Sabina Guzzanti fand Italiens Kulturminister Sandro Bondi anti-italienisch – und sagte deshalb seinen Festivalbesuch erstmal ab. Bondi sprach von Lügen und einer Beleidigung des italienischen Volks. In Guzzantis Film geht es um die Machenschaften von Staat und Unternehmen beim Wiederaufbau des vom Erdbeben zerstörten Aquila.

Ganz anders Film Nummer drei, der für Ärger gesorgt hat: Dem russischen Regisseur Nikita Mikhalkov wirft man eine eher zu große Staatsnähe vor. Mikhalkov stellt dieses Jahr eine Fortsetzung von "Die Sonne, die uns täuscht" vor, für den er vor 16 Jahren den Spezialpreis der Jury erhielt. In "Exodus - Die Sonne, die uns täuscht 2", geht es um den Zweiten Weltkrieg – der Film war am "Tag des Sieges", am 9. Mai in Russland angelaufen – und bei Kritikern wie Publikum durchgefallen.

Hai Shang Chuan von Zhangke JIA (Foto: ad vitam)
Asien ist präsent in Cannes. Zum Beispiel der vietnamesische Film Hai Shang ChuanBild: ad vitam

Das Polemik-Geplänkel dürfte sich jetzt erst mal erledigt haben, denn das Vorspiel ist nun vorbei. An diesem Donnerstag (13.05.2010) beginnt in Cannes der Wettbewerb. 19 Filme sind zu sehen.

Neben drei Beiträgen aus dem Gastgeberland Frankreich gibt es dieses Jahr viele Filme aus Asien. In letzter Minute hat es der britische Regisseur Ken Loach mit seinem neuen Streifen "Route Irish" ins Rennen geschafft - ein Film über britische Sicherheitsfirmen im Irak-Krieg. Die USA sind nur mit Doug Limans Politthriller "Fair Game" mit Sean Penn und Naomi Watts vertreten.

Wer am 23. Mai die Goldene Palme bekommt, entscheiden dann auch nicht beleidigte Kulturminister, sondern der Großmeister des Fantasy-Horror-Genres Tim Burton.

Autor: Manfred Götzke (epd, afp, dpa)
Redaktion: Cornelia Rabitz