Personal für Freizeitpark verzweifelt gesucht
11. August 2019Deutsche Unternehmen müssen sich beim Recruiting immer mehr einfallen lassen. Denn die Bewerber stehen schon lange nicht mehr Schlange. Das ist gerade für mittelständische Unternehmen eine große Herausforderung. Manuela Kasper-Claridge sprach mit Jürgen Mack, der gemeinsam mit seinem Bruder Roland, Geschäftsführer des Europa-Parks in Rust ist. Aktuell baut das Familienunternehmen einen riesigen Wasserpark mit angeschlossenem Hotel unter dem Namen "Rulantica" unweit des Europa-Parks.
Deutsche Welle: Wie viele Mitarbeiter brauchen Sie für den neuen Themenpark und das Hotel?
Jürgen Mack: So circa 550 neue Mitarbeiter für das neue Wasserpark-Resort.
Ist es angesichts der Tatsache, dass in Deutschland in einigen Branchen von Vollbeschäftigung gesprochen wird und akuter Fachkräftemangel herrscht, nicht schwer, Mitarbeiter zu finden?
Da haben Sie Recht. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen. Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel. Wir haben generell einen Arbeitskräftemangel. Auch für einfache Tätigkeiten, für die man keine fachliche Ausbildung braucht. Wir müssen da sehr kreativ sein, was das Rekrutieren anbetrifft. Wir sind natürlich zum einen hier in der Region, aber auch im benachbarten Frankreich, im Elsass, aktiv. Dort gibt es eine Zusammenarbeit mit Pôle emploi auf der französischen Seite und dem entsprechenden deutschen Pendant der Bundesagentur für Arbeit. Das Pôle emploi ist praktisch die französische Arbeitsagentur. Da sind auch neue Dinge entstanden wie beispielsweise eine Qualifizierungsmaßnahme auf französischer Seite. Interessierte Menschen erhalten eine Umschulung, auch in Verbindung mit Deutschkursen in Frankreich. Diese Mitarbeiter kommen zu uns auf Probe. Das betrifft in erster Linie Jobs in den Bereichen Hotel und Gastronomie, also Service und Küche. Das klappt sehr gut.
Reicht das, um die Mitarbeiter zu finden, die Sie brauchen?
Nein, das ist nur eine Maßnahme von vielen. Wir sind natürlich darüber hinaus in der Personalsuche aktiv. Ich habe Deutschland und Frankreich erwähnt. Wir sind aber auch in Osteuropa unterwegs: Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien. Anders würden wir es nicht darstellen können und dann suchen wir jetzt auch beispielsweise in der Ukraine Mitarbeiter. Es wird sich zeigen, inwieweit wir auch Genehmigungen bekommen, wenn wir dort konkret Mitarbeiter finden - ein Thema ist beispielsweise die Arbeitserlaubnis in Deutschland. Man muss bei der Rekrutierung heutzutage kreativ sein, so machen wir z.B. auch Job-Dating. Wir veranstalten Recruiting-Nights, bei denen man sich in einem etwas anderen Rahmen ohne große Hürden und Formalitäten melden und kommen kann.
Stellen Sie fest, dass auch andere Unternehmen aktiv Arbeitskräfte suchen?
Aber klar. Wir bekommen mit, dass beispielsweise die Betreiber von Kreuzfahrtschiffen stark unterwegs sind, um Mitarbeiter zu finden. Das geht in eine ähnliche Richtung, das ist ja auch Tourismus, Gastronomie, Hotellerie.
Da müssen Sie sich vermutlich einiges einfallen lassen, wenn sich das Umfeld so stark verändert hat?
Ja, wir müssen auch neue Wege beschreiten, was das Angebot von Jobs betrifft. Wir haben beispielsweise im neuen Hotel eine Produktionsküche installiert, die ermöglicht, dass wir jetzt auch Köchen anbieten können, tagsüber, also "nine to five", zu arbeiten, in der Gastronomie ist das ja normalerweise nur schwer möglich. Da kann man gewisse Speisen vorbereiten, so dass es abends nicht mehr die Menge an qualifizierten Fachkräften braucht, um es für den Gast in höchster Qualität zuzubereiten. Das bedeutet natürlich eine erheblich höhere Investition, wenn so eine Küche gebaut wird. Das Ziel ist, dass wir uns mit dieser Maßnahme leichter tun, Fachkräfte im Bereich Küche zu finden, da wir andere Arbeitszeiten anbieten können. Das sind schon Trends, die wir beobachten. Viele wählen den Beruf des Koches vielleicht nicht mehr, weil die Arbeitszeiten am Abend und an den Wochenenden abschrecken.
Haben Sie auch mal über virtuelle Mitarbeiter nachgedacht? Also an künstliche Intelligenz, an Roboter im Park?
Natürlich macht man sich da Gedanken, wie das sein könnte, aber ganz konkret gibt es keine Überlegungen. Aber beispielsweise das Ticketing läuft verstärkt online. Auch beim künftigen Wasserpark werden die Gäste sich die Tickets online besorgen. Das müssen wir auch stark forcieren, denn dort haben wir eine Kapazitätsgrenze. Wir können 3500 Menschen gleichzeitig im Wasserpark aufnehmen. Im Europa-Park gibt es keine maximale Personenanzahl. Da machen wir nicht zu, auch an extrem starken Tagen. Das ist dort im Wasserpark anders. In jedem Falle nimmt das Online-Ticketing von Jahr zu Jahr stark zu. Es kommen Generationen, die nicht mehr an der Kasse ein Ticket für eine Person kaufen. Ich habe gelesen, dass es in der Küche vielleicht auch mal Roboter geben wird, die dann Essen zubereiten. Ich glaube, das ganze Thema ist im Moment noch zu früh. Ich will aber nicht ausschließen, dass die Entwicklung dahingeht.
Wenn Sie im November den großen Wasserpark eröffnen, brauchen Sie Bademeister. Die gibt es in Deutschland aber kaum noch. Wo finden Sie die?
Aktuell haben wir vier Fachkräfte für Bäderbetriebe. Die sind ganz schwierig zu finden. Wir haben jetzt Glück, dass wir schon mal für den Start die vier Fachkräfte haben und dann auch ausbilden können. Das Ziel ist es, für den eigenen Nachwuchs zu sorgen.
Das dauert dann aber zwei oder drei Jahre.
Deswegen brauchen wir jetzt schon die, die eine Ausbildung haben, in der Hoffnung, dass sie natürlich bleiben. Wenn man vor einigen Jahren vom Fachkräftemangel sprach, meinte man Ingenieure und IT-Fachleute. Die fehlen auch immer noch, aber mittlerweile gibt es auch einen großen Arbeitskräftemangel. Für die Attraktionen im Park ist es nicht mehr so einfach. Das war früher überhaupt kein Thema und ist jetzt eine Herausforderung. Wir bauen großartige Attraktionen und müssen natürlich Mitarbeiter finden, die es dann letztendlich mit Leben erfüllen.
Jürgen Mack ist ein Unternehmer aus Baden-Württemberg. Gemeinsam mit seinem Bruder Roland ist er Geschäftsführer des Europa-Parks Rust, des zweitgrößten Freizeitparks in Europa. Den Park, für den mehr als 4000 Menschen arbeiten, haben im vergangenen Jahr 5,6 Millionen Menschen besucht.
Das Interview führte Manuela Kasper-Claridge.