Roboter unter Wolken
20. September 2012Kollege K. und ich sitzen draußen vor dem Cafe, trinken mit Steviol-Glykosiden versetzte Cola, über uns hängen schwere graue Wolkenmassen. Irgendwas da oben scheint gerade mächtig schief zu laufen, denn schon surrt das Mobiltelefon des Kollegen K.
Am anderen Ende der - nun ja - Leitung ist Frau G., die Kollege K. darüber in Kenntnis setzt, dass irgendetwas in der Cloud passiert sei. Die Folge: All ihre Termine seien verschwunden, nun müsse sie anhand von Anruflisten auf ihrem Telefon rekonstruieren wer wann und vor allem was von ihr wolle.
Seit irgendein technischer Zeichner auf die hübsche Idee kam, einen nicht näher spezifizierten Teil des Internets als abstrahierten Wolkenumriss aufzumalen, hat die so genannte Cloud eine steile Karriere hingelegt. Daten - und zwar egal welche - liegen immer öfter nicht mehr auf dem heimischen Rechner, sondern in der Cloud. Will sagen: Dezentral auf Datenspeichern irgendwo auf dem Planeten. Cloud klingt aber besser.
Das hilft Frau G. jetzt aber auch nicht. Alles weg. Irgendeine Unachtsamkeit. Irgendein technischer Fehler, ein loses Kabel, ein Wackelkontakt. Egal. Was nützt das schönste dezentrale mobile Büro, wenn der Akku alle oder Dienstleister unzuverlässig ist? Digital ist besser? Niemals. Mit einem Terminplaner auf Papier, Verabredungen, mit Filzstift eingetragen und mit einem farbigen Post-It versehen, wäre das nicht passiert. Basta.
Rettung auf orangen Füßchen
Ich glaube, es regnet gleich. Und ich muss eh los. Auf dem Telefon klebt noch ein Einkaufszettel: "Zahnbürste und Rasierklingen" steht auf dem Papierchen. Wann wir uns das nächste Mal treffen, fragt Kollege K. noch. Keine Ahnung. Mein Kalender liegt schließlich zu Hause. Wer um alles in der Welt nimmt seinen Terminplaner mit ins Cafe?!
Ab Oktober werden diese und andere Probleme übrigens von einem Roboter gelöst. Er heißt "Little Printer", kostet 250 Euro und hat orange Füßchen. Das nur acht Zentimeter große Geschöpf druckt Termine, Schlagzeilen, Geburtstagserinnerungen, Rezepte, Bilder oder Nachrichten einfach auf einen schmalen Streifen Thermopapier. Abreißen, Einstecken, Fertig. Wer hätte gedacht, dass die Zukunft aussieht wie ein Kassenzettel.
Notiz an mich selbst: Kleines Druckerpapier nachkaufen. Nicht vergessen!
Marcus Bösch war irgendwann 1996 zum ersten Mal im Internet. Der Computerraum im Rechenzentrum der Universität zu Köln war stickig und fensterlos. Das Internet dagegen war grenzenlos und angenehm kühl. Das hat ihm gut gefallen.
Und deswegen ist er einfach da geblieben. Erst mit einem rumpelnden PC, dann mit einem zentnerschweren Laptop und schließlich mit geschmeidigen Gerätschaften aus aalglattem Alu. Drei Jahre lang hat er für die Deutsche Welle wöchentlich im Radio die Blogschau moderiert. Seine Netzkolumne gibt es jetzt hier jeden Donnerstag neu.