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Rohstoffgeschäfte sollen transparenter werden

Sabine Kinkartz26. November 2012

Nach wie vor werden bewaffnete Konflikte vor allem in Afrika durch Gewinne aus dem Abbau von Rohstoffen finanziert. Das soll anders werden. Doch die Regulierung ist komplizierter als gedacht.

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Minenarbeiter suchen nach Diamanten (Archivfoto: dapd)
Bild: dapd

Sie wühlen im Dreck, in Erdlöchern, an Steilhängen. Mit bloßen Händen und stumpfen Hacken. Ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit, ihre Sicherheit und ihre Umwelt holen Minenarbeiter im Osten des Kongos Gold, Kupfer, Diamanten und Coltan aus dem Boden. Kontrolliert werde der Abbau von aufständischen Milizen, erklärt Hans-Joachim Kümpel, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. "Wenn wir von Konfliktmineralien sprechen, dann sprechen wir von den Verhältnissen in der Demokratischen Republik Kongo." Mit den Gewinnen aus dem Bergbau würden die bewaffneten Konflikte unterhalten und geschürt.

Konfliktmineralien sind in weiten Teilen der Welt geächtet. Dennoch finden sie ihre Abnehmer. So auch das Coltan, ein Erz, das Tantal enthält. Dieses Metall ist doppelt so dicht und haltbar wie Stahl, dabei aber biegsamer und temperaturbeständiger. Tantal wird Stahl beigemischt, vor allem aber wird es in Mobiltelefonen, Laptops und Flachbildschirmen verarbeitet.

China kauft das Coltan auf

Coltan-Vorkommen gibt es zwar auch in Australien und Brasilien. Trotzdem geht man bei der EU-Kommission davon aus, dass 18 Prozent des weltweit geförderten Coltans aus der Demokratischen Republik Kongo kommen. Wie das trotz aller Boykottaufrufe möglich sein kann, weiß Ralf Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Metallhändler.

"Wenn ich unsere Händler frage, woher sie Tantal beziehen, dann kommt die Antwort Kongo relativ selten." Das Erz werde vom Kongo aus nach China oder in andere Länder geliefert und dort verhüttet. Das verhüttete Produkt Tantal komme dann als Metall auf den Weltmarkt, erklärt Schmitz. "In dem Moment nützt auch der Fingerprint nichts mehr, denn der bezieht sich nur auf das Erz und das ist ein riesiges Problem."

Auch Steine haben Fingerabdrücke

Der "elektronische Fingerprint" ist eine noch junge Erfindung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Jede Lagerstätte für Mineralien hat ihr eigenes Charakteristikum, das wie ein Fingerabdruck eindeutig festgestellt werden kann. Erze kommen nicht in reiner Form vor, sondern sind Gemengeteile einer Lagerstätte, die man sehr genau analysieren kann. Dabei sind die chemische Zusammensetzung und das Alter bestimmend. Wenn ein Geologe eine Gesteinsprobe untersucht, kann er also anhand der archivierten Merkmale der Lagerstätten genau sagen, woher das Mineral stammt.

Der Fingerprint ist einer von mehreren Ansätzen, mit denen die EU-Kommission die Lieferketten für Rohstoffe transparenter machen will. In den USA soll das durch das Regulierungsgesetz "Dodd-Franck" erreicht werden. Börsennotierte Unternehmen müssen dort lückenlos nachweisen, woher sie ihre Mineralien beziehen. Das aber reicht bei Weitem nicht aus, wie auch Gudrun Kopp, Parlamentarische Geschäftsführerin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einräumt.

Einer muss den Anfang machen

Die FDP-Politikerin ist der Überzeugung, dass es nach derzeitigem Diskussionsstand wohl keine Mehrheit für eine internationale Regelung geben wird. Das mache die Sache schwierig. "Denn man muss sich dann überlegen, ob wir, also Deutschland, die EU, vielleicht die USA und noch ein paar andere große Wirtschaftsnationen vorangehen und sagen: Wir probieren es, weil wir auf freiwilliger Ebene ein gutes Beispiel geben wollen", so Kopp.

Die deutsche Industrie ist davon nicht begeistert. Wenn es keine international einheitliche Regelung gebe, wenn sich nur bestimmte Länder an die Regeln hielten und andere nicht, dann sei das ein eindeutiger Wettbewerbsnachteil, heißt es. Christian Carduck, beim Automobilhersteller BMW für das Rohstoffmanagement verantwortlich, warnt zudem davor, die Zügel zu sehr anzuziehen.

Ist der Ruf nach mehr Kontrolle Wunschdenken?

Der "Dodd-Franck-Act" beispielsweise verlange nicht nur, dass Rohstoffe nachgewiesen werden, die nachher im Produkt landen, sondern auch solche, die zur Herstellung des Produkts notwendig sind. Das gelte somit auch für Rohstoffe, die in Maschinen und Anlagen verbaut sind, mit denen die Produkte hergestellt werden. "Jede Maschine und Anlage in ihrem Maschinenpark hat aber heute eine elektronische Steuerung und da sind überall diese Konfliktmineralien drin. Da fehlt mir noch die Fantasie, wie das gehen soll", bemerkt Carduck.

Bei BMW werde derzeit die gesamte Lieferkette auf eine nachhaltige Produktion ausgerichtet, so Carduck. So müssten die Zulieferer Einkaufsbedingungen akzeptieren, die von ihnen die Einhaltung von Menschenrechten und Sozialstandards verlangt. Entsprechende Kontrollmechanismen seien eingeplant. Für den Automobilbauer ist Nachhaltigkeit ein Faktor, der das Markenimage aufwerten soll. Ein Weg, der ganz im Sinne von Staatssekretärin Kopp ist. Mit positiver Werbung werde sicherlich mehr erreicht werden, als mit Kontrollen, die am Ende möglicherweise nicht zu leisten seien, sagt sie.

Politik ist manchmal machtlos

Ein Ansatz, in den die FDP-Politikerin auch die Rohstoffländer mit einbeziehen will. Im Rahmen der Entwicklungspolitik gebe es bereits eine wachsende Bereitschaft, die Standards zu verbessern. "Ich setze sehr auf Selbstverpflichtung und darauf, dass diejenigen, die dagegen verstoßen, auch tatsächlich identifiziert werden." Dabei müssten die jeweiligen Regierungen vor Ort helfen, denn sie sollten im Zweifel wissen, was in ihrem Land geschieht und sie würden ihre Minen kennen. "

"Die Bergbauminister müssen sich der Transparenzinitiative anschließen, sie müssen sagen, dass sie ihrem Land auch ein positives Image geben und die Gelder zur Entwicklung des Landes einsetzen wollen'', fordert Kopp. Das setze natürlich den Willen der rohstoffreichen Länder voraus. "Wir sind als Politik völlig machtlos, wenn wir auf eine korrupte Regierung treffen."